Erfurt. Bob Dylan lässt die Archive öffnen: Ein Buch erklärt wie keines zuvor Leben und Werk des Nobelpreisträgers.
Es ist ein Brikett von einem Buch. „Bob Dylan – Mixing up the Medicine“ hat 608 Seiten mit 1100 Fotos, misst 22 mal 27,5 Zentimeter und wiegt mehrere Kilogramm. Und wir haben noch nicht mal über den Inhalt geredet. Der ist, wie der Titel andeutet, eine Mixtur aus tausendundeiner Zutat einer der spektakulärsten Künstlerkarrieren, eine Art Medizin für Fans, ein Elixier für Einsteiger, verabreicht vom Pop-Dichter selbst, wenn auch nicht direkt.
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Wie kann das sein? Bob Dylan gilt als Mysterium, als Person wie auch in seiner Kunst. Mit dem Buch bringt er erstmals offensiv und umfassend Licht ins Dickicht seiner künstlerischen Inkarnationen, Wendungen und Inspirationsquellen. Dylan ist zwar nicht der Autor, die Grundlage für das Werk stammt sehr wohl von ihm. Der Künstler lässt bereits zu Lebzeiten seinen Nachlass vom Bob-Dylan-Center in Tulsa, Oklahoma verwalten: Bilder, Texte, Skripte, Filme, Tonaufnahmen, Gegenstände. Einen Teil der von Fans wie Reliquien verehrten Exponate einer mehr als 60 Jahre währenden Karriere kann man vor Ort begutachten – eine Pilgerstätte.
Dylans Lebenswerk, versammelt in einem Fundus
„Mixing up the Medicine“ macht diese nun auch außerhalb der USA verfügbar: Das Buch nutzt den Fundus des Archivs, um das Lebenswerk Dylanszu dokumentieren, zu analysieren. Von der Geburt, bis zum jüngsten Studioalbum „Rough and rowdy Ways“. Ein Vorgang, dem sich Dylan eigentlich immer entzogen hatte.
Es ist eine Leistung, dass die vielen kleinen Texte, die Bilder und Bildunterschriften, das Leben und Werk des musizierenden und dichtenden, schweißenden, malenden, schauspielernden und moderierenden Troubadours so prägnant, so erklärend und unterhaltsam einfangen können.
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Ein weiterer Verdienst: Das Buch ist zwar chronologisch aufgebaut. Man kann es aber von vorn und von hinten lesen oder aber mittendrin einsteigen – egal an welcher Stelle. Dafür sorgen auch die 30 persönlichen Essays von Autoren und Künstlern wie Greil Marcus oder Amanda Petrusisch. Die Aufgabe für jeden Auftragsschreiber: Nach einem Besuch im Bob-Dylan-Center über ein selbstgewähltes Stück des Archivs schreiben.
Einblicke in Bob Dylans Archiv
Der persönliche Zugang erklärt, wo der Gelegenheitshörer wie Fan ratlos und doch fasziniert bleibt. Einziger Kritikpunkt: Die schier unübersichtliche Menge des Materials wird wie bei jedem guten Kompendium in seiner Gänze kaum fassbar. Komplett entschlüsseln wird man den ewig Rätselhaften nie. Das aber wäre wohl auch nicht in seinem Sinne – und seiner Kunstfertigkeit.
Mark Davidson, Parker Fishel (Herausgeber): Bob Dylan: Mixing up the Medicine, 608 Seiten, Droemer, 98 Euro
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