Berlin. Die Deutschen sind zu dick. Um das zu ändern, will Ernährungsminister Özdemir Fertigprodukte gesünder machen. Nicht allen gefällt das.

Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland ist übergewichtig. Das ist nicht nur ungesund, sondern geht für die Bundesrepublik indirekt mit immensen Kosten einher: Laut Berechnungen der Universität Hamburg belaufen sich die gesamtgesellschaftlichen Kosten, die in Deutschland allein durch Adipositas, also extremes Übergewicht, entstehen, auf etwa 63 Milliarden Euro pro Jahr.

Das Land muss also auf Diät. Doch das ist gar nicht so einfach – schließlich kann man niemanden zu einer gesünderen Ernährung zwingen. Indirekt gibt es aber doch einige Hebel. An einem davon will Landwirtschafts- und Ernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) nun ansetzen. Sein Ziel: weniger Fett, Salz und Zucker in Fertiggerichten.

Fett, Salz und Zucker in Fertiggerichten: Reduktion kommt nicht voran

Diesen Plan gibt es schon länger: Bereits die Regierung unter Angela Merkel (CDU) hatte beschlossen, der Lebensmittelindustrie bis 2025 verpflichtende Reduktionsziele vorzugeben. Nun verdeutlicht ein Bericht des Max Rubner-Instituts, das als Bundesbehörde für Forschung im Bereich Ernährung und Lebensmittel zuständig ist, dass die Verringerung bisher nicht wie gewünscht vorankommt. So zeigten die Ergebnisse, dass bisherige Änderungen der Rezepturen noch nicht ausreichten, um eine ausgewogene Ernährung im erforderlichen Umfang zu unterstützen, heißt es in dem Dokument.

Um bei dem Thema endlich einen Schritt weiterzukommen, hat das Ernährungsministerium das Institut nun beauftragt, „wissenschaftlich unterlegte Reduktionsziele zu entwickeln“. Auf Basis dieser wolle man dann Rezepturänderungen von der Lebensmittelindustrie einfordern. Bis Jahresende sollen „für relevante Lebensmittelgruppen Reduktionsziele vorliegen“, sagte ein Sprecher des MInisteriums der „Bild“-Zeitung, „selbstredend mit dem Ziel einer anschließenden Umsetzung“.

Schreibt der Staat also bald vor, was in unserem Essen landen darf? Zumindest zum Teil ist das richtig. Allerdings sind solche Vorgaben keineswegs neu – bereits jetzt gibt es Grenzwerte für gesundheitsgefährdende Stoffe. Alles, was in deutschen Supermärkten landet, muss diesen Vorschriften genügen.

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Supermarkt: Neue Regeln für Fertiggerichte? Zuckerindustrie skeptisch

Eine grundsätzliche Reduktion von Fett, Salz und Zucker in Fertiggerichten hält sogar die Zuckerindustrie für sinnvoll. Man sei sich mit Özdemir einig, dass die Reduktionsbemühungen hier zu wenig beitrügen, sagte Günter Tissen, Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Falsch sei jedoch, verbindliche Reduktionsziele für einzelne Nährstoffe festzulegen. „Genau damit rennen wir weiter in die falsche Richtung.“ so Tissen, der stattdessen die Reduzierung der Kalorien in den Mittelpunkt stellen will.

Kritik gibt es auch von der FDP. Gero Hocker, Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und Ernährung des Bundestags, sagte gegenüber „Bild“: „Unternehmen produzieren, was am Ende über die Ladentheke geht. Und gerade bei Fertigprodukten wollen die Leute schnell eine leckere Mahlzeit auf dem Tisch haben. Damit sollten Politiker kein Problem haben.“ Neuer Ampel-Krach scheint vorprogrammiert.