Berlin. Es war ein heikler Besuch in Warschau. Außenministerin Baerbock ignorierte die anti-deutsche Kampagne und versuchte die Polen zu umarmen.

Man mag darüber streiten, ob es diplomatisch geschickt war, dass Polen am Tag der Deutschen Einheit offiziell Reparations-Forderungen für die im Zweiten Weltkrieg erlittenen Schäden geltend machte. In einem Moment, da der Ukraine-Krieg Europas größtmögliche Geschlossenheit erfordert, ist das Timing für diesen Schritt zumindest fragwürdig.

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Außenministerin Annalena Baerbock weiß natürlich um diesen heiklen Zusammenhang, ließ sich aber bei ihrem Besuch in Warschau nichts anmerken. Im Gegenteil. Sie versuchte, die Polen zu umarmen.

Baerbock verfolgt Politik des Respekts und der Empathie

Sie ging mit keinem Wort auf die zum Teil scharfe anti-deutsche Kampagne der rechtskonservativen Regierungspartei PiS ein. Ein Jahr vor den nächsten Parlamentswahlen ist dies vor allem innenpolitisch motiviert. Baerbock fuhr dabei einen klaren Kurs: Rechtlich ist die Reparationsfrage für die Bundesregierung abgeschlossen.

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© Reto Klar | Reto Klar

Doch davon unberührt ist die historische und moralische Verantwortung Deutschlands. Der Schmerz vieler Polen über die Schrecken der Nazi-Herrschaft ist real und kann nicht am grünen Tisch wegdiskutiert werden. Die Außenministerin verfolgt hier eine Politik des Respekts und der Empathie. Es ist Außenpolitik mit Feingefühl – ein neuer Stil in der deutschen Diplomatie.

Kampf gegen Putins Staatsterror

Baerbock wollte die Polen als historische Wegbereiter für die Freiheitsbewegungen von 1989 ehren und ihre massive Unterstützung der Ukraine hervorheben. Und sie verfolgte das Ziel, osteuropäische Zweifel am deutschen Militär-Engagement – die zu Beginn des Krieges berechtigt waren – auszuräumen. Warschau ist ein Partner auf Augenhöhe, lautet die Botschaft. Der Kampf gegen Putins Staatsterror erfordert dies.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de