TV-Doku über Stevie Wonder: Glaube, Gleichheit, Genialität
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Von Wolfgang Platzeck
Berlin. Der französische Dokumentarfilm „Stevie Wonder – Der Weg zur Legende“ feiert den unerschütterlichen Optimismus des Ausnahmekünstlers.
„Lasst nicht zu, dass jemand euch das Gefühl gibt, niemand zu sein. Fliegt. Wenn ihr nicht fliegen könnt, lauft, wenn ihr nicht laufen könnt, geht, wenn ihr nicht gehen könnt, kriecht – Hauptsache, ihr bleibt in Bewegung.“ Die flammenden Worte des 1968 ermordeten Bürgerrechtlers Martin Luther King, denen in der Arte-Doku bedrückende Bilder der Rassen-Unruhen im Amerika der 1950er- und 1960er-Jahre unterlegt sind, ziehen sich wie ein Leitmotiv durch das Leben Stevie Wonders.
Ohne seine Hartnäckigkeit, ohne seinen unerschütterlichen Glauben an Brüderlichkeit, an die Rechtsgleichheit aller Menschen hätte es der 1950 als Steveland Hardaway geborene Komponist, Texter, Sänger, Multiinstrumentalist und Produzent kaum geschafft, zu einem der einflussreichsten amerikanischen Musiker aufzusteigen.
Unveröffentlichte Archivaufnahmen über Stevie Wonder
Über 100 Millionen Alben hat er verkauft, seit er als Neunjähriger seinen ersten Vertrag beim legendären Musiklabel Motown Records erhielt und dort bald im Ruf eines Wunderkindes (deshalb Stevie „Wonder“) stand. Seine unzähligen Hits – „I Just Called to Say I Love You“ etwa, „Superstition“ oder „You Are the Sunshine of My Life“ – verbinden nicht nur Soul, R&B und Pop, sondern auch Generationen und Völker.
Weil die optimistische, zutiefst humanistische Botschaft universell ist. Mit vielen bislang unveröffentlichten Archivaufnahmen blickt die französische Produktion auf die gesamte Karriere des bekennenden Christen, der sein Ausnahmetalent als Gottesgeschenk betrachtet und selbst seine Erblindung (als Frühgeburt wurde ihm im Inkubator zu viel Sauerstoff zugeführt) als Fingerzeig des Herrn deutet. Als Blinder sieht er, wie der US-Rapper Coolio sagt, mehr als Sehende – er sieht in die Seele.
Seinen ersten Hit schrieb er noch als Schüler
„Der Weg zur Legende“ heißt es im deutschen Untertitel. Treffender wäre das französische Original „Visionär und Prophet“. Fasziniert verfolgt man, wie Wonder seit seinem ersten selbst geschriebenen Hit „Uptight“ (da war er noch Schüler) kontinuierlich seine Inspirationen und Erfahrungen zu Pop-Utopien im Geiste Martin Luther Kings verdichtet hat.
Bildergalerie:
Martin Luther King – Kampf für Rechte
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Es sind Lieder für all jene, die schwere Zeiten durchmachen und an eine bessere Zukunft glauben. Dass sein Kampf gegen jede Form von Ungerechtigkeit mit den Jahren immer stärker und universeller wurde, das belegt der Film nicht nur mit der „Oscar“-Verleihung 1985.
„Happy Birthday“ – ein Song für Martin Luther King
Wonder, der für „I Just Called to Say I Love You“ (aus dem Film „Die Frau in Rot“) geehrt wurde, widmete die Trophäe Nelson Mandela und der Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika. 13 Jahre später spielte er vor dem frisch vereidigten Präsidenten Mandela.
Von der politischen Dimension des Visionärs und Propheten kündet auch der begeisternde Song „Happy Birthday“: Präsident Ronald Reagan war es, der nach einer mehrjährigen Kampagne Wonders 1983 den Geburtstag Martin Luther Kings (20. Januar) zum nationalen Gedenktag erhob. Heute, im gespaltenen Amerika der Trump-Ära, hat Stevie Wonders Botschaft unveränderte Kraft.
„Stevie Wonder – Der Weg zur Legende“, Freitag, 29. November, Arte, 21.50 Uhr