Berlin Hieroglyphen entziffern können höchstens Ägyptologen? Nein, das muss nicht so sein. Wir verraten, wie die alte Schrift funktioniert.
Zugegeben: Die erstmalige Entzifferung der altägyptischen Hieroglyphenschrift war eine arge Knobelei. Der französische Sprachwissenschaftler Jean-François Champollion (1790 – 1832) war 1822 der erste Mensch, dem dies in mühevoller Arbeit gelang. Ihm half dabei eine Kopie des sogenannten Steins von Rosetta mit einer Inschrift in drei Sprachen: Altgriechisch, Demotisch (altägyptische Gebrauchsschrift) und die Hieroglyphenschrift.
Hieroglyphen im alten Ägypten: "Ich hab es" – erste Übersetzung schon vor Jahrhunderten
Champollion konnte mit Hilfe des Altgriechischen zunächst das Demotische und darüber schließlich auch als Erster überhaupt die Hieroglyphen entziffern. Mit den Worten "Ich hab es" soll Champollion zu seinem Bruder gerannt und im Anschluss vor Erschöpfung in Ohnmacht gefallen sein. Sein Durchbruch bei der Entschlüsselung der Hieroglyphen markiert den Startpunkt der modernen Ägyptologie und ist auch heute noch von enorm großer Bedeutung. Erst vor Kurzem etwa haben Forscher in Ägypten eine erstaunliche Entdeckung gemacht.
In der Cheops-Pyramide haben Forscher eine geheime Kammer entdeckt – nähere Untersuchungen sollen jetzt Klarheit verschaffen. Ebenso für Aufsehen sorgte der Fund einer mysteriösen Sphinx in Ägypten. Die Artefakte wurden in einem zweistöckigen Grab in der Tempelanlage Dendera in der Quena-Provinz gefunden. Der Ort liegt 450 Kilometer südlich von Kairo. Auch bei solchen Funden ist die Hieroglyphenschrift von zentraler Bedeutung. Bei gut erhaltenen Stücken kann so etwa deren Bedeutung entschlüsselt werden.
Hieroglyphen lesen und verstehen: Eine Schrift ohne Vokale – so funktioniert es
Auch 200 Jahre später ist das Lesen von Hieroglyphen eine schwierige Angelegenheit, die allerdings mit etwas Mühe erlernt werden kann. Zunächst muss man sich klar machen, dass Hieroglyphen sowohl für einzelne Laute stehen, aber auch Worte oder sogar ganze Konzepte bedeuten können. Ein Symbol in der Hieroglyphenschrift im alten Ägypten entspricht dabei ähnlich wie bei unserem Alphabet einem Laut. Allerdings wurden, wie bei den meisten semitischen Sprachen wie Arabisch, nur Konsonanten und keine Vokale geschrieben.
Wichtig zu wissen ist auch, dass Hieroglyphen sowohl von links nach rechts als auch von rechts nach links gelesen werden können. Entscheidend ist, wohin die abgebildeten Tier- oder Menschengestalten blicken. Schauen sie nach links, fängt man auch links an zu lesen. Kleinere Hieroglyphen wurden im alten Ägypten auch untereinander geschrieben. Innerhalb eines Wortes können also zum Beispiel die Hieroglyphen zunächst von links nach rechts und dann von oben nach unten gelesen werden.
- Archäologe über Pompeji:„Es kann jederzeit zu Ende sein“
- Glücksfund: Mit Metalldetektoren – Freunde finden 2000 Jahre alten Schatz
- Ägypten: Verborgene Räume in 4500 Jahre alter Pyramide entdeckt
- Erster Kaiser: Warum sich Forscher nicht ins Grab von Chinas Kaiser trauen
- Goldmünzen: Archäologe will verlorenen Keltenschatz von Manching retten
- In China: Uralter Schädel könnte Menscheitsgeschichte neuschreiben
Aussprache, Satzzeichen, Leerräume – das macht das Hieroglyphen lesen so schwer
Nun ergibt sich die Schwierigkeit, wie Wörter ausgesprochen werden, wenn es nur Konsonanten, aber keine Vokale gibt. Die Ägyptologen setzten deshalb zwischen die Konsonanten eine Art Hilfsvokal – beispielsweise ein "e". Dies ist allerdings lediglich eine Konstruktion. Wie die alten Ägypter ein Wort wirklich ausgesprochen haben, wird man wohl nie erfahren. Dafür machten Forscher zuletzt immer wieder sensationelle Funde – der Scan einer ägyptischen Mumie etwa hat erst vor Kurzem erstaunliche Erkenntnisse zutage gebracht.
Eine weitere Schwierigkeit besteht darin festzustellen, wo ein Wort endet und ein neues beginnt. Die alten Ägypter kannten weder Wortzwischenräume noch Satzzeichen. Sie behalfen sich mit sogenannten Deutzeichen, die das Ende eines Wortes markieren oder auch seine nähere Bedeutung angeben konnten.
Hieroglyphen: Dieser Fakt überrascht – wie viele Ägypter tatsächlich lesen konnten
Wer die Hieroglyphenschrift wirklich entziffern will, muss zumindest ihren Kern kennen, also etwa 750 bis 1000 Zeichen. In der Spätphase des altägyptischen Reiches gab es sogar über 5000 Zeichen. Ein wenig trösten kann man sich vielleicht damit, dass auch im Alten Ägypten nur ein Bruchteil der Menschen die Schrift lesen konnte. Dazu in der Lage waren nur die hohen Beamten, die Schreiber. Ob auch die Pharaonen des Lesens und Schreibens mächtig waren, ist umstritten. Einige Hinweise deuten darauf hin, dass zumindest einige von ihnen mit der Hieroglyphenschrift vertraut waren. (tok)