Berlin Die Münchner Philharmoniker wollten per Bahn nach Berlin reisen – und wurden schwer enttäuscht. Jetzt rechnet das Orchester ab.
Es ist ein Brandbrief, der die Deutsche Bahn mitten ins Herz trifft – und der so manchem Zugreisenden in Deutschland aus der Seele sprechen dürfte: Die Münchner Philharmoniker rechnen bei Facebook mit dem Konzern ab, beschweren sich dabei aber nicht nur über einen ausgefallenen Zug. Das Ensemble unter Leitung von Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla wird in seiner Attacke grundsätzlich. Es geht um enttäuschte Liebe und gebrochenes Vertrauen. Das resignierte Fazit der Münchner Philharmoniker: "Wir können nicht mehr".
Was aber hat das Orchester dermaßen auf die Palme gebracht? Die Philharmoniker waren zuletzt auf Tournee – per Zug. "Nachhaltigkeit ist wichtig für uns, wir wollen unsere Reisen so klimafreundlich wie möglich gestalten", heißt es dazu in dem Facebook-Post. Die Konzertreise sollte nach Luzern, Köln und Berlin führen. Auf dem Programm: Mahlers Symphonie Nr. 2 c-Moll "Auferstehung". Insgesamt 200 Personen waren unterwegs.
Am Kölner Hauptbahnhof kam es dann am vergangenen Mittwochvormittag zu Verzögerungen. Drei ICE seien ausgefallen, Informationen über die Weiterreise habe es aber keine gegeben. Drei Stunden später als geplant sei die Truppe dann losgefahren und nach weiteren Verzögerungen mit insgesamt viereinhalb Stunden Verspätung in Berlin angekommen. Das Gastspiel in der Berliner Philharmonie begann laut Facebook-Post 25 Minuten später als geplant, eine Radioübertragung habe ausfallen müssen.
Deutsche Bahn: Münchner Philharmoniker in Wutrede – "Ihr fallt uns in den Rücken"
Der Pannenbericht ist aber gewissermaßen nur die Ouvertüre der Philharmoniker. Es folgt ein emotionaler Abgesang: "Liebe Deutsche Bahn Personenverkehr, und ja, fühlt Euch genauso angesprochen, liebe Verkehrspolitik: Wir möchten unser Klima unbedingt schützen! Zu gern haben wir dabei auf Euch gesetzt, Euch vertraut. Wir haben Euch trotz wiederholter negativer Erfahrungen verteidigt und in Schutz genommen, immer wieder. Doch ihr fallt uns in den Rücken, ihr lasst uns im Stich. Wir können uns nicht auf Euch verlassen."
Der Facebook-Post, der am Freitag veröffentlicht wurde, sammelte Tausende Likes und etliche Kommentare. Auch die Deutsche Bahn selbst reagierte. In einer Antwort verweist der Konzern auf eine Unwetterfront, die am Mittwoch über Nordrhein-Westfalen hinwegzog und den Zugverkehr durcheinanderwirbelte. Alles andere als plausibel, wie die Münchner Philharmoniker in der Folge anmerken. Denn zuvor seien "Reparaturen am Zug" als Grund für die Verspätung angegeben worden.
In Mahlers "Auferstehung", dem beinahe verhinderten Programm der Münchner Philharmoniker, heißt es im Finale: "O glaube, mein Herz, o glaube". Und so schwingt noch ein Fünkchen Hoffnung auf Änderung mit, wenn das Orchester am Schluss des Brandbriefs fragt: "Wann wacht ihr endlich auf?" (bee)