Wenn Unternehmen die Inflation nutzen, um ihren Profit zu maximieren, ist eine Übergewinnsteuer als Strafe denkbar, meint unser Autor.

Der vor einer Woche eingeführte Tankrabatt auf Benzin und Diesel – ist irgendwie verpufft. Stark gesunken sind die Preise an der Zapfsäule jedenfalls nicht.

Die im Juli bevorstehende Abschaffung der Ökostrom-Umlage auf der Stromrechnung – wird nach Analysen von Vergleichsportalen wohl bei vielen Haushalten nicht ankommen. Die Versorger begründen das mit steigenden Kosten in anderen Bereichen.

Trotz Entlastungen, für die Steuergeld in Milliardenhöhe draufgeht, wird unser Leben immer teurer. Jüngster, aber sicherlich nicht letzter Akt: Rolf Buch, Chef des größten deutschen Wohnungsunternehmens Vonovia, kündigt ohne Wimpernzucken an: Bei einer dauerhaften Inflation von vier Prozent müssten auch die Mieten in diesem Maße steigen.

Obwohl die Wohnungen längst gebaut sind – und der Konzern auch sonst kaum mit arg steigenden Kosten zu kämpfen haben dürfte.

Hohe Inflation: Immer mehr Menschen geht das Geld aus

Dagegen haben aber immer mehr einfache Leute mit ihren Finanzen zu kämpfen. In den zwei Jahren Corona-Pandemie haben Millionen Menschen in Deutschland ihre Rücklagen aufgebraucht, weil sie in Kurzarbeit geschickt wurden oder ihr Geschäft schließen mussten.

Jetzt sorgt die galoppierende Inflation dafür, dass die Preise in so gut wie jedem Bereich unseres Lebens massiv steigen. Und wer jetzt in die Bedürftigkeit abrutscht, für den wird es besonders eng: Die ersten Tafeln verhängen wegen des starken Zulaufs und fehlender Spenden Aufnahmestopps.

Während das Geld bei immer mehr Menschen knapp wird, scheint es so, als ob die Konzerne hemmungslos jeden Cent einstreichen, den sie irgendwie abschöpfen können. Und die Politik schaut machtlos zu. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verweist bei den Pro­blemen mit dem nett gemeinten, aber schlecht gemachten Tankrabatt auf das Bundeskartellamt – doch das ist für diesen Fall gar nicht zuständig.

Alexander Klay, Wirtschaftskorrespondent
Alexander Klay, Wirtschaftskorrespondent © Reto Klar | Reto Klar

Nun ist die Wirtschaft natürlich kein Wohlfahrtsverein. Unternehmen dienen in erster Linie dem Interesse ihrer Eigentümer. Aktionäre, Unternehmerdynastien oder auch einfach Menschen mit einer cleveren Geschäftsidee wollen vor allem eines: Geld verdienen.

Doch in der aktuellen Krise scheint es, als würden immer mehr Akteure das Gespür für das richtige Maß an Geschäftstätigkeit und gesellschaftlicher Verantwortung völlig verlieren – insbesondere die, bei denen die Gewinne eh schon sprudeln.

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Für den Normalverdiener oder die Normalverdienerin hört sich die Diskussion dagegen ganz anders an. Höhere Löhne zum Ausgleich für die Inflation? Ökonomen warnen eindringlich vor einer Lohn-Preis-Spirale, die alles nur noch schlimmer mache. Die Logik: Wenn die Löhne stark steigen, müssen die Unternehmen die Preise weiter erhöhen, woraufhin die Löhne … und so weiter.

Doch was wäre die Alternative? Müssen wir kommentarlos einen drastischen Einschnitt des Lebensstandards hinnehmen? Die Beschäftigten müssen sich derzeit jedenfalls nicht verstecken. In allen Bereichen fehlt Personal, jede Fachkraft ist umworben wie nie.

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Und was hilft gegen ungerechtfertigte Preissteigerungen? Sympathisch klingt eine Idee, die in immer mehr Ländern diskutiert wird: eine Übergewinnsteuer für Unternehmen, die plötzlich sehr viel mehr Geld erwirtschaften. Dafür gibt es sogar schon grünes Licht von der EU.

Natürlich wird es schwierig werden, genau zu identifizieren, was nun ein „Übergewinn“ ist und was unternehmerisches Geschick. Doch es wäre eine deutliche Warnung an die Wirtschaft, es nicht zu übertreiben.

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.