Flucht aus Afghanistan

Taliban halten Tausende Ortskräfte fest – das plant Baerbock

Jochen Gaugele und Michael Backfisch
| Lesedauer: 2 Minuten
Baerbock: Afghanistan auf dem Weg "Richtung Steinzeit"

Baerbock- Afghanistan auf dem Weg Richtung Steinzeit

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Entscheidung der Taliban, Mädchen und Frauen aus Hochschulen in Afghanistan auszusperren, scharf verurteilt. Damit unternähmen die radikalislamischen Machthaber einen "weiteren Schritt in die Steinzeit", sagte Baerbock in Berlin.

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Berlin.  Deutschland hat Tausende Afghanen vor den Taliban gerettet – mehr als 10.000 Ortskräfte stecken aber noch fest. Baerbock will helfen.

Sie arbeiteten als Übersetzer für die Bundeswehr oder Organisationen wie die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ): Afghanische Ortskräfte waren für westliche Vertreter am Hindukusch jahrelang unverzichtbar. Seit der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban im August 2021 grassiert unter vielen Tausend dieser Afghanen Angst vor Unterdrückung, Gefängnisstrafen oder Folter.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat vor diesem Hintergrund die Rettung besonders gefährdeter Ortskräfte aus Afghanistan angekündigt. „Wir haben schon über 30.000 Menschen vor den Taliban in Sicherheit gebracht, vor allem Ortskräfte, aber auch Journalistinnen, Menschenrechtsverteidiger, verfolgte Frauen und Mädchen“, sagte die Grünen-Politikerin unserer Redaktion.

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„Aber über 10.000 weitere stecken noch in Afghanistan fest, weil die Taliban zum Beispiel keine Pässe ausgeben, um zu verhindern, dass die Elite ihr Land verlässt.“ Dennoch werde unter Hochdruck daran gearbeitet, „extrem gefährdete Menschen so schnell wie möglich Schutz geben zu können – natürlich unter höchsten Sicherheitsstandards, die wir gerade noch einmal stärken“.

„Ich habe Angst, dass man meine Identität als ehemalige Ortskraft entdeckt“

Viele Ortskräfte hätten zwar eine Aufnahmezusage der deutschen Regierung, seien aber nicht im Besitz eines Reisepasses, heißt es bei Hilfsorganisationen. In Afghanistan gebe es zwei Wege, einen Reisepass zu erhalten. Die erste Möglichkeit bestehe darin, offiziell einen Pass zu beantragen.

Diese sei aber den ehemaligen Ortskräften seit der Machtergreifung der Taliban verbaut. Denn ein Pass werde auf Grundlage biometrischer Daten erstellt. „Darum habe ich Angst, dass man darüber meine Identität als ehemalige Ortskraft entdeckt. Das wäre dann der letzte Tag meines Lebens, da bin ich sicher“, sagte ein ehemaliger Mitarbeiter der Bundeswehr.

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Die zweite Option bestehe darin, einen Pass auf dem Schwarzmarkt zu erwerben, betonen Hilfsorganisationen. Das sei aber aufgrund der hohen Preise für viele Betroffene ebenfalls nicht möglich. Zudem bestehe die Gefahr, dass ehemalige Ortskräfte bei den Taliban auf „schwarzen Listen“ stünden und im Falle einer Ausreise sofort verhaftet würden.