Berlin. Ein YouTuber gibt sich als SPD-Chef Norbert Walter-Borjans aus und bietet Ralf Stegner den Posten des Vizekanzlers an. Der fällt darauf rein.

An diesem Morgen hilft am besten „Monty Python“. Und zwar die volle Dröhnung. Noch zu Hause in Bordesholm twittert Ralf Stegner sein Musiktipp „für Euch da draußen“: „Always Look On the Bright Side of Life“.

Keiner hat an diesem Montag mehr Trost, Humor, Selbstironie nötig als der bisherige SPD-Vizechef selbst. Denn der Mann aus Schleswig-Holstein ist Opfer eines Telefonstreichs des YouTubers Klemens Kilic geworden. Der hatte sich Mitte letzter Woche als neuer SPD-Chef Norbert Walter-Borjans ausgegeben – und Stegner den Posten von Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz angetragen.

Stegner fiel darauf rein und sagte quasi unter Vorbehalt zu – er wollte das Angebot nur noch mit seiner Ehefrau besprechen. Ein paar Tage später breitet die „Bild“-Zeitung genüsslich alle Details auf. Und auf YouTube hat Kilics Video „Ich ernennen Ralf Stegner zum Vizekanzler!“ am Montagmorgen mehr als 86.000 Aufrufe.

YouTuber prankt Ralf Stegner: So lief der Anruf

Im Video ist der Anruf zu verfolgen. Nach kurzem Läuten meldet sich Stegner am Abend am Telefon: „Hallo?“

„Hallo Ralf, hier ist Norbert Walter-Borjans, hast du kurz Zeit?“

„Na klar.“

So nimmt das Unheil seinen Lauf. Der 60-Jährige hört nicht heraus, dass am anderen Ende der Leitung nicht der zu dem Zeitpunkt noch designierte SPD-Chef ist. Der falsche Walter-Borjans sagt, dass es in der SPD „stark rumort“. „Saskia und ich“ wollten eine strategische Änderung durchsetzen, „mit der beide Camps zufrieden sind“, also beide Flügel der Partei.

Man brauche ein „klares Signal“ auf dem Parteitag am Wochenende, sagt Kilic in seiner Walter-Borjans-Rolle. Das hätten seine Co-Vorsitzende Saskia Esken und er mit den Parteilinken Karl Lauerbach und Kevin Kühnert (von den Jusos) besprochen. Man wolle in der großen Koalition bleiben, einerseits.

Andererseits solle der Posten des Vizekanzlers durch eine „bekannte, progressive Stimme“ neu besetzt werden – durch ihn, Stegner. „Du bist bekannt, du hast eine Stimme“, schmeichelt Kilic alias Walter-Borjans.

Ralf Stegner schöpft bei YouTube-Prank keinen Verdacht

Ralf Stegner, der sich selbst mit Gesine Schwan um den SPD-Parteivorsitz beworben hatte und unterlegen war, schöpft immer noch keinen Verdacht und wundert sich nicht, warum Borjans – ein ehemaliger Finanzminister – nicht selbst den Job macht. Stegner findet den Vorschlag „sehr überraschend“, vergisst aber nicht den Hinweis, dass er Finanzminister tatsächlich schon mal gewesen sei. „Äh, vorstellen kann ich mir das.

Jetzt gibt es keinen Zweifel mehr: Er hat den Köder geschluckt. Zweimal sagt er allerdings, dass er das Angebot erst noch mit seiner Ehefrau besprechen müsse. Und so sind sie dann verblieben ...