Wort zur Wochenwende

Liebhaber des Lebens werden

Christian Rämisch
| Lesedauer: 2 Minuten
Kreisjugendpfarrer Christian Rämisch macht deutlich, dass Friede nicht nur die Abwesenheit des Krieges sein darf, sondern viel mehr bedeutet. (Symbolfoto)

Kreisjugendpfarrer Christian Rämisch macht deutlich, dass Friede nicht nur die Abwesenheit des Krieges sein darf, sondern viel mehr bedeutet. (Symbolfoto)

Foto: Eckhard Jüngel / Archiv

Wort zur Wochenwende von Kreisjugendpfarrer Christian Rämisch über den Frieden und den Wert des Lebens.

Wir feiern am Sonntag den Volkstrauertag und gedenken der Toten durch Krieg und Gewalt. In früheren Jahren ein weit entferntes Thema, findet Krieg heute vor unserer Haustür statt. Kommen wir nie mit dem Thema Krieg an ein Ende? Immer wieder erliegen Menschen der Versuchung, das Leben als Kampf gegen andere zu begreifen: Selbstdurchsetzung auf Kosten anderer. Frieden ist dann nur die Abwesenheit des Krieges. Eine Atempause, mehr nicht.

Wie weit sind wir persönlich noch weg vom kriegerischen Denken? Auch unsere Gesellschaft verlernt zusehends, friedvoll und freundlich miteinander umzugehen. Erschreckend viele gefallen sich darin, wieder verächtlich über das Leben zu denken – natürlich nur über das der anderen. Im Erregungsgewitter des Internets wählen uns die Suchmaschinen zielsicher passende Hassobjekte aus. An denen dürfen wir dann die eigenen Frustrationsgefühle abreagieren. So werden Menschen zum Abschuss freigegeben. Jetzt sind wir sogar wieder soweit, dass „die“ Juden nach 80 Jahren Pause wieder den Sprung in die Top 10 der schlimmsten Untermenschen schaffen.

Verlieren wir wieder einmal den Sinn für ein friedliches Miteinander? Der Volkstrauertag ist hier mehr als eine traditionelle Floskel. Wir begehen diesen Tag auch, um vom Tod her über unser Leben nachzudenken: „Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden.“ (Psalm 90, 12). Das Leben wertzuschätzen braucht das Gegenüber des Todes. Der Tod macht uns deutlich, dass das Leben nicht selbstverständlich ist, sondern ein zerbrechliches Geschenk.

Im Tod sind wir alle gleich und im Leben eben auch gleich viel wert. Das fällt uns mit einigen Menschen leichter, mit anderen schwerer. Aber wenn uns unser Leben lieb ist, dann muss es auch das Leben des anderen sein. Gott ist Liebhaber des Lebens, nicht des Todes. Leben ist seine wunderbare Geheimwaffe, mit der er tote Materie lebendig macht. Unser Leben ist darum etwas wahrhaft Göttliches – in jedem von uns. Wir werden daran am Volkstrauertag erinnert, damit wir nicht wieder auf den Irrweg des Hasses und der De-Humanisierung geraten, sondern mutig den Weg des Friedens gehen.