Wort zum Sonntag für den Kreis Gotha

Wenn der Vater im Krieg bleibt

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Anlässlich des Volkstrauertags erinnern auf dem Kirchhof Uelleben Soldaten der Friedensteinkaserne und Kameraden der Feuerwehr Uelleben an die Gefallenen der Kriege. Diesen Sonntag gibt es Gedenkveranstaltungen unter anderem auf dem Hauptfriedhof Gotha (10 Uhr), auf dem Friedhof Waltershausen (11 Uhr) und Lutherkirche Tambach-Dietharz  (14 Uhr)

Anlässlich des Volkstrauertags erinnern auf dem Kirchhof Uelleben Soldaten der Friedensteinkaserne und Kameraden der Feuerwehr Uelleben an die Gefallenen der Kriege. Diesen Sonntag gibt es Gedenkveranstaltungen unter anderem auf dem Hauptfriedhof Gotha (10 Uhr), auf dem Friedhof Waltershausen (11 Uhr) und Lutherkirche Tambach-Dietharz (14 Uhr)

Foto: Wieland Fischer (Archiv)

Wort zum Sonntag: Friedemann Witting über Kriege und das Gedenken am Volkstrauertag

Mein Großvater kam aus dem Krieg wieder nach Hause – wenn auch erst nach Jahren in russischer Gefangenschaft. Meine Mutter, ein Kind damals und bis dahin ohne Vater groß geworden, mochte dem abgerissenen und ausgemergelten Mann auf dem Hof nicht glauben, als er sagte: „Ich bin dein Vater!“ Aber immerhin: Wieder heimgekommen aus dem Krieg!

Mein anderer Großvater ist kurz vor den Seelower Höhen – zwischen der Oder und Berlin – Ende April 1945, also wenige Tage vor Kriegsende „im Krieg geblieben“. So jedenfalls sagte man das damals, als wiederum ich ein Kind war. Und das Kind in mir fragte, was an dem Krieg wohl so großartig sein könne, dass man gleich dort bleibt. Dass er „gefallen“ war, hätte meinem Verstehen zu dieser Zeit ebenfalls kaum gedient. Mein Vater jedenfalls hat den eigenen Vater nie kennengelernt.

Jahre später erst habe ich erkannt und verstanden, welche grausame Wirklichkeit hinter diesen beschönigenden Wendungen liegt, mit denen wir über Krieg und seine Folgen sprechen. Da stand ich auf jenem Soldatenfriedhof, sah die weite Fläche der Gräber, die unzähligen Namen auf den Gedenktafeln, und ich begriff, dass die meisten noch ganz jung gewesen waren, als ihr Leben zu Ende ging.

Sie waren „im Krieg geblieben“ – aber das heißt doch: ermordet im Krieg und durch den Krieg, eine ganze Generation!

Trauer und Trauma für das weitere Leben

Und diejenigen, die überlebten, sie gingen fortan mit Trauer und Trauma durch ihr Leben, und manches davon gaben sie weiter an diejenigen, die zwischen Trümmern aufwuchsen – oder eben ohne Väter.

An diesem Wochenende begehen wir Volkstrauertag, den Tag um uns zu erinnern an all die Opfer von Krieg, Terror und Gewaltherrschaft. Dabei geht der Blick zurück in die Geschichte unseres Landes, das durch seine Kriege so Furchtbares über Menschen brachte. Dabei sollten wir nichts beschönigen. Und beim Blick auf die gegenwärtigen Kriegsschauplätze in der Welt gibt es erst recht nichts zu beschönigen.

Es wäre gut, wenn wir nicht beim Erinnern stehenblieben, sondern aus dem Wissen über die Schrecken, die jeder Krieg bedeutet, alle Kraft einsetzten, um in dieser Welt Frieden möglich zu machen und das Morden zu beenden.

So jedenfalls sagt es Jesus: „Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“

Friedemann Witting ist Superintendent des Kirchenkreises Gotha.