Hohe Einbußen beim Kresse-Anbau in Erfurt

Michael Keller
| Lesedauer: 3 Minuten
Dicke Freunde: Ralf Fischer und Max. Der 16-Jährige hilft bei der Ernte und Pflege der Kresse in seiner Freizeit und soll später die Tradition fortführen. Momentan ist allerdings nur eine in der Vase gehaltene Pflanze zu bestaunen.

Dicke Freunde: Ralf Fischer und Max. Der 16-Jährige hilft bei der Ernte und Pflege der Kresse in seiner Freizeit und soll später die Tradition fortführen. Momentan ist allerdings nur eine in der Vase gehaltene Pflanze zu bestaunen.

Foto: Michael Keller

Erfurt  Ein Wasserproblem in der Landeshauptstadt ist weiterhin ungelöst ist. Das macht Erfurts einzigem Kresse-Produzenten zu schaffen.

Tobias Knoblich (47) ist Zwickauer. Der neue Kulturdezernent ist noch nicht so vertraut mit der Historie der Stadt. Neulich, erzählt er, habe er im Norden Frankreichs, in einem kleinen Dorf, vorzügliche Brunnenkresse genossen. Dass die aller Wahrscheinlichkeit nach ihren Ursprung in Erfurt hat, entzog sich allerdings seiner Kenntnis.

Die überlieferte Historie weiß jedenfalls zu berichten, dass Kaiser Napoleon, 1808 zu Gast in Erfurt, Brunnenkresse auf dem Speiseplan hatte. Er soll sofort Feuer und Flamme gewesen sein. Deswegen hat er seinerzeit zwei der Kressegärtner kurzentschlossen mitgenommen. Sie sollten das schmackhafte Wasserkraut in Frankreich anbauen. Es hat geklappt.

Vor-Ort-Termine sollen den Durchbruch bringen

Knoblich hat nun, außerhalb des erholsamen Urlaubs, wieder mit der Brunnenkresse zu tun. Besser gesagt, mit der von Erfurts einzigem Kresse-Produzenten Ralf Fischer, der das überaus gesunde und schmackhafte Edelgewächs in der letzten verbliebenen Klinge in Hochheim anbaut. Knoblich, seit seiner Wahl zum Dezernenten auch für den Denkmalschutz zuständig, muss sich nun mit der Klinge beschäftigen. Weil sie eben unter Denkmalschutz steht.

Das schützt sie aber nicht vor dem aus der Nachbarschaft eindringenden Brackwasser. Das macht den filigranen Kressewurzeln derart zu schaffen, dass die kurzerhand eingehen. In besten Zeiten, vor vielen Jahren, erntete Ralf Fischer im Jahr – ausschließlich in Monaten mit einem R – etwa eine Tonne Kresse. Aktuell sind es 60 Kilo. Obwohl es eigentlich beste Kresse-Zeit ist.

„Momentan ist alles trostlos. Ich habe zwei Drittel Verluste“, sagt der 66-Jährige. Besserung sei nicht in Sicht. Denn nach Fischers Auffassung wird sich nichts ändern, so lange eine Mauer – deren Sinn sich ihm nicht so recht erschließt – in der verfallenen Nachbarklinge dafür sorgt, dass sich Wasser staut und brackig wird. Das wiederum drückt in Fischers Klinge und macht die Kresse kaputt. Die provisorischen Sperren, die Fischer aus dicken Holzbohlen ins Wasser gesetzt hat, sie helfen etwas, aber nicht richtig. „Kommt Nordostluft, drückt die das zuweilen richtig faulig stinkende Wasser zurück in den noch gesunden Teil“, so Fischer. Mit bekannten Folgen.

Donnerstag ist Brunnenkresse Thema im ZDF

Der Kontakt zum Besitzer der Nachbarklinge, Kressepark-Geschäftsführer Lutz Liedke, sei abgerissen. Und das, obwohl es mehrfach Gesprächsversuche mit ihm gab. Die seien im Vorjahr „nicht erfolgreich“ gewesen, bestätigt Erfurts Baubeigeordneter Alexander Hilge. Er habe nochmals einen Versuch unternommen und mit Liedke gesprochen.

Der habe erklärt, ihm sei daran gelegen, den schon lange schwelenden Streit zu beenden und einem Vor-Ort-Termin in den nächsten vier Wochen zugestimmt. Hilge will, dass ein kompetenter Vertreter der Wasserbehörde an dem Treffen teilnimmt. Die Stadt würde auch helfen, wenn es darum ginge, die strittige Mauer zu beseitigen. Man wisse schließlich, dass die Brunnenkresse zu Erfurt gehöre und als Alleinstellungsmerkmal auch bei der Buga 2021 im Rahmenprogramm, wenn es ums Thema Genuss gehe, eine Rolle spielen soll.

Auch Tobias Knoblich hat als „Zugereister“ die Wichtigkeit des Themas erkannt. Die Kresse sei ein hohes Kulturgut für Erfurt, sagt er. Weswegen man vermitteln wolle. Auch Knoblich sagt ein Treffen zu. Mit einem Denkmalpfleger. Zeit wird‘s.

TV-Tipp:

Die Erfurter Brunnenkresse ist Donnerstag, 4. April, um 12.10 Uhr Thema in der ZDF-Drehscheibe.