Leipzig. Wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus stand die Leipziger Buchmesse schon seit Tagen auf der Kippe. Nun haben die Verantwortlichen eine Entscheidung zu Gunsten der Gesundheit getroffen.

Bis Dienstagvormittag sind die Veranstalter der Leipziger Buchmesse noch optimistisch. Die Frühlingsschau der Buchbranche werde vom 12. bis 15. März planmäßig stattfinden, betonen sie tagelang auf allen Kanälen.

Doch dann treffen sich Messeleitung, Oberbürgermeister und Vertreter des Leipziger Gesundheitsamtes zu einem Krisengespräch wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus. Ergebnis: Die zweitgrößte deutsche Buchmesse wird abgesagt. "Sicherheit geht vor", erklärt der Geschäftsführer der Leipziger Messe, Martin Buhl-Wagner.

"Die Absage ist ein schwerer Schlag für die Buchbranche", sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. "Die Strahlkraft, die von der Leipziger Buchmesse in die Gesellschaft ausgeht, und das Interesse und die Begeisterung für Bücher, die sie vermittelt, sind enorm." Skipis äußert allerdings eindeutig Verständnis für die Leipziger. Sie hätten die richtige Entscheidung getroffen. Der Börsenverein ist der ideelle Träger der nach Frankfurt zweitgrößten deutschen Buchmesse.

Überraschend kommt das Aus nicht. Bundesweit waren zuvor schon etliche Großveranstaltungen abgesagt oder verschoben worden - von der Tourismusbörse ITB in Berlin bis hin zur Internationalen Handwerksmesse in München. Von überall her werden inzwischen Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus gemeldet. Am Vortag war auch ein erster Fall in Sachsen bekanntgeworden. Bei rund 2500 Ausstellern auf der Buchmesse und 280 000 erwarteten Besuchern wäre es unmöglich gewesen, alle Kontaktpersonen rückverfolgen zu können, teilt die Stadt mit.

Bei den Verlagen löst die Absage eine Mischung aus Verständnis und Ernüchterung aus. "Das ist schon ein schwerer Schlag für uns. So etwas haben wir noch nie erlebt", sagt Sebastian Wolter, Geschäftsführer des kleinen sächsischen Verlages Voland&Quist. Er rechnet vor, dass er nun auf einer vierstelligen Summe sitzen bleibe, die er für Hotelreservierungen und Fahrtkosten für seine Autoren ausgeben habe. Dazu kämen fehlende Einnahmen aus Buchverkäufen auf der Messe und die vielen Kontakte, die nun nicht geknüpft werden können. Die Standgebühr hofft Wolter von der Messe zurückerstattet zu bekommen.

Vor allem für die unabhängigen Verlage gilt Leipzig mit seinem großen Lesefestival "Leipzig liest" als wichtiges Treffen, um Autoren beim Publikum bekannt zu machen. "Wir bedauern die Absage sehr, haben aber vollstes Verständnis dafür", sagt Karsten Dehler, Sprecher der Kurt-Wolff-Stiftung, die sich um die Förderung der kleineren Verlage bemüht. "Die Absage der Buchmesse bedeutet für die Verlage einen Einbruch der Sichtbarkeit. Gleichwohl ist die Entscheidung für die Absage der Leipziger Buchmesse richtig, da wir uns vor der Verbreitung des Virus schützen müssen."

Die Leipziger Messe ist am Dienstag noch nicht in der Lage, alle offenen Fragen zu beantworten. Das Ganze sei auch juristisches Neuland, heißt es. "Solch eine schwere Entscheidung mussten wir in den letzten sieben Jahrzehnten der Leipziger Buchmesse noch nie treffen", erklärt der Buchmesse-Direktor Oliver Zille.

Unklar ist zunächst auch, ob und wie der Preis der Leipziger Buchmesse in diesem Jahr verliehen wird. Die Auszeichnung, einer der wichtigsten Literaturpreise in Deutschland, wird normalerweise am Eröffnungstag vergeben. Er wird jährlich in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung ausgelobt und ist mit insgesamt 60 000 Euro dotiert. Buchmesse-Sprecherin Ruth Justen bittet um etwas Geduld: "Wir sind dabei, das alles zu klären."