Berlin. Nach der überraschenden Ankündigung ihres Abgangs lassen Sasha Waltz und Johannes Öhman beim Berliner Staatsballett ein enttäuschtes Ensemble zurück.

Schock und tiefe Enttäuschung: Die Tänzerinnen und Tänzer des Staatsballetts Berlin haben die Rücktrittsankündigung der Co-Intendanten Johannes Öhman und Sasha Waltz scharf kritisiert.

Die Entscheidung habe unter den Künstlern für Empörung gesorgt, hieß es in einer Erklärung des Ballett-Vorstands, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. "Mehr noch sind wir enttäuscht, dass wieder einmal wir Tänzerinnen und Tänzer die Leidtragenden dürftigen Kulturmanagements sind", hieß es in der Mitteilung des Ballett-Vorstands vom Mittwochabend.

Der Choreograph Öhman und die Tanzregisseurin Waltz hatten nach nur wenigen Monaten an der Spitze des Staatsballetts am Mittwoch erklärt, dass sie ihre gemeinsame Intendanz Ende 2020 aufgeben. Sie hatte erst im August 2019 begonnen. Ursprünglich sollten die beiden bis zum Ende der Saison 2024/25 bleiben.

Öhman soll bereits am 1. März als Theaterleiter und künstlerischer Leiter des Dansens Hus in Stockholm antreten. Laut der Webseite soll er zum 1. Januar 2021 dann die volle Theaterleitung übernehmen. Zuvor hatte die "Berliner Zeitung" berichtet.

Bei ihrem Antritt hätten die Intendanten einen Dreijahresplan angekündigt, um das Staatsballett wieder an die europäische Spitze zu bringen, hieß es in der Erklärung des Ballett-Vorstands. Nun offenbare sich "die Oberflächlichkeit dieser Pläne". Das Vertrauen in die Fähigkeit des Berliner Senats, die Kompanie "wohl überlegt in die Hände einer ehrlich engagierten Ballettdirektion zu geben", sei erschüttert.

Das Ensemble forderte Kultursenator Klaus Lederer (Linke) auf, es in die Entscheidungsfindung über die nächste künstlerische Leitung einzubinden. Die Tänzer sollten in einer Findungskommission mit Stimmrecht von Anfang an beteiligt werden.

"Obwohl wir damals gegen die Ankündigung der Co-Direktion von Herrn Öhman und Frau Waltz protestierten, bat uns Herr Senator Lederer, dem Duo eine Chance zu geben", erklärte das Ensemble. Etliche Tänzerinnen und Tänzer seien in den vergangenen zwei Jahren unter persönlichem Aufwand nach Berlin gezogen.

Für Tänzerinnen und Tänzer hätten derartige politische Prozesse katastrophale Folgen - beruflich und persönlich. "Für eine aktive Bühnenkarriere sind uns durchschnittlich fünfzehn bis zwanzig Jahre gegeben. Angesichts dessen ist jedes Jahr der künstlerischen und damit beruflichen Ungewissheit gravierend." Diese Lage werde durch einen prekären Tarifvertrag mit ständiger Befristung verschärft.

Seit 2014 sei das Land Berlin nicht in der Lage, dem Staatsballett Kontinuität und künstlerische Perspektive zu garantieren. "Uns stellt sich die Frage, warum wir bis in die Mitte der nächsten Spielzeit mit einer künstlerischen Leitung weiter zusammenarbeiten sollten, die uns ohnehin kurzfristig verlassen will", hieß es weiter in der Erklärung. Dies werde zu einer weiteren chaotischen und von Umstellung geprägten Spielzeit führen.

Die Besetzung der Staatsballett-Intendanz im politischen Hinterzimmer habe sich zum Risikofaktor für die Stabilität der größten Ballettkompanie Deutschlands erwiesen, erklärte der kulturpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Florian Kluckert.