Berlin. Apple wertet sein Mittelklasse-Tablet iPad Air auf – und wie: Die Leistung rückt nah ans iPad Pro heran – wozu sollten Käufer greifen?

Nach zwei Jahren Pause hat Apple seinem iPad Air eine Modellpflege verpasst. Nachdem im vergangenen Jahr die Einsteiger-iPads (ab 379 Euro), das iPad Mini (ab 549 Euro) und die iPad Pro (ab 879 Euro) einen Neuanstrich erhielten, holte der US-Hersteller den Schritt nun bei den Tablet-Modellen nach, die im Apple-Universum der Flachrechner bei Ausstattung und Preis die „goldene Mitte“ darstellen sollen.

Im Praxistest zeigt sich: Das iPad Air (2022) der fünften Generation (seit 18. März im Handel, Preise ab 679 Euro) kann vor allem dank des neuen M1-Chips in vielen Punkten dem teureren iPad Pro 11 Zoll gefährlich auf die Pelle rücken. Andererseits macht Apple beim neuen Air-Vertreter an manchen Stellen unnötige Abstriche, die das Gesamterlebnis dann doch trüben. Was ist neu im iPad Air 5, wo zeigen sich noch Unterschiede zu den herausragenden Pro-Modellen – und wozu sollten Käuferinnen und Käufer aktuell greifen? Ein Überblick:

iPad Air 5 (2022) im Praxistest – Haptik ist Trumpf

Wer das iPad Air 5 (2022) auspackt, wird keinerlei Unterschiede zum Vorgänger finden – und auch nur minimale Abweichungen zur Optik des 11-Zoll-Pro: Das Aluminium-Gehäuse ist flach, leicht und gewohnt hervorragend verarbeitet. Die Lauter-Leise-Tasten auf der Oberseite und der An-Aus-Schalter mit eingebauten Fingerabdrucksensor haben einen angenehmen Druckpunkt. Nichts knarzt, alles wirkt hochwertig.

Auf der Rückseite sitzt erneut eine einzelne runde Kameralinse ohne Blitz, die Mehrfachkamera bleibt dem Pro vorbehalten. Auf den ersten Blick erkennbar ist ein iPad Air 5 nur durch eine der drei neuen Farben: Polarstern (dunkleres Weiß), Violett und Blau. Zudem bietet Apple ein Rosè und das Spacegrau des Testmodells.

Die Größe bleibt bei 10,9 Zoll (27,7 Zentimeter Diagonale) minimal kleiner als das Pro-Modell mit 11 Zoll. Die Displayränder des Air sind im Vergleich zu diesem erneut einen Hauch breiter, was im Alltag kaum auffällt. Apps, Fotos und Videos, Spiele sowie Video-Streamingdienste sehen darauf tadellos aus.

Das Apple iPad Air 5 (2022) ist sehr flach und hat nur minimal breitere Displayränder als das fast gleich große iPad Pro.
Das Apple iPad Air 5 (2022) ist sehr flach und hat nur minimal breitere Displayränder als das fast gleich große iPad Pro. © FMG | Maik Henschke

M1-Chip treibt iPad Air zu Höchstleistungen

Die großen Neuerung der fünften Generation finden Käufer überwiegend unter der Haube: Allen voran der M1-Chip, den Apple erstmals im iPad Air verbaut – und der bisher in den iPad Pro und Laptop-Modellen wie MacBook Air und Pro für Höchstleistung sorgte.

Um es kurz zu machen: Der M1-Chip versorgt das neue iPad Air mit einer solchen Rechen- und Grafikleistung, die Normalanwender in den meisten Fällen nicht ansatzweise ausreizen und die das Tablet noch auf Jahre fit machen wird für kommende Updates der iPadOS-Oberfläche. Aktuell läuft es mit iPad OS 15.4. Apple selbst spricht beim M1 von 60 Prozent flotterer Prozessorleistung zum Vorgänger, in dem noch der A14 Bionic aus dem iPhone 12 werkelte.

In der Praxis heißt das: Das Wischen und Tippen durch die Menüs ist durchweg flüssig, sämtliche Apps laufen ohne einen Ruckler und selbst anspruchsvolle 3D-Spiele bis hin zu Bild- und Videobearbeitung bringen den M1 nicht an seine Grenzen. Zusammen mit den 8 Gigabyte (GB) Arbeitsspeicher ist man mit dem iPad Air in der Freizeit oder im Beruf rasend schnell unterwegs.

Die Rückseite gleicht dem Vorgänger-Modell: Die Weitwinkel-Hauptkamera beim iPad Air 5 besitzt 12 Megapixel und kommt ohne Blitz aus.
Die Rückseite gleicht dem Vorgänger-Modell: Die Weitwinkel-Hauptkamera beim iPad Air 5 besitzt 12 Megapixel und kommt ohne Blitz aus. © FMG | Maik Henschke

Frontkamera mit Folgemodus Center Stage – aber ohne Face-ID

Weitere Verbesserungen: Die Frontkamera knippst und filmt nun schärfer, mit 12 statt bisher 7 Megapixel Auflösung. Zudem unterstützt die im Vorjahr vielbeachtete Funktion Center Stage, dank der bei Videotelefonaten Personen mit Facetime nun stets mittig im Bild bleiben, auch wenn sie sich mal etwas zur Seite bewegen. Der Folgemodus steckt damit ab sofort in jedem aktuellen iPad-Modell. Die Frontkamera sitzt aber, wenn man das Tablet im Querformat hält, noch immer seitlich im Rand. Man schaut bei Videokonferenzen also stets etwas am Gegenüber vorbei.

Nichts geändert hat sich an der 12-Megapixel-Weitwinkel-Hauptkamera auf der Rückseite. Sie ermöglicht weiterhin ordentliche Videos sowie Zeitlupen- und Zeitraffer-Aufnehmen mit bis zu 4K Auflösung. Die Fotos werden dank lichtstarker f/1.8 Blende ebenfalls gut. Tablet-Nutzer werden die Rückkamera aber eher zum Scannen und Fotografieren von Dokumenten nutzen, was einwandfrei klappt.

Verbessert hat Apple außerdem den USB-C-Anschluss – dieser erlaubt nun doppelt so schnellen Datendurchsatz: 12 statt bisher 6 Gigabit pro Sekunde. Spürbar ist das nur für jene, die oft große Datenmengen per Kabel vom Tablet auf einen Rechner oder eine externe Festplatte übertragen. Letzte größere Neuerung: Die Mobilfunkversion des iPad Air (Wi-Fi+Cellular; plus 170 Euro Aufpreis) unterstützt nun wie beim Pro auch das schnelle 5G-Netz.

Auf Wunsch lässt sich das iPad Air erneut vielseitig erweitern: Um den Eingabestift Apple Pencil 2 (rund 135 Euro), mit dem man auf dem Bildschirm notieren, zeichnen, ausmalen oder Bilder und Videos bearbeiten kann. Außerdem um die magnetische Tastatur Magic Keyboard (rund 340 Euro). Beides wertet das Nutzererlebnis deutlich auf, hat jedoch seinen Preis.

Praktisch für Job oder Studium: Gegen Aufpreis lässt sich das iPad Air 5 an die magnetische Tastatur Magic Keyboard haften oder mit dem Eingabestift Apple Pencil der zweiten Generation nutzen.
Praktisch für Job oder Studium: Gegen Aufpreis lässt sich das iPad Air 5 an die magnetische Tastatur Magic Keyboard haften oder mit dem Eingabestift Apple Pencil der zweiten Generation nutzen. © FMG | Maik Henschke

Abstriche beim iPad Air 5: Diese sollten Käufer kennen

Apples Auffrischungskur für das iPad Air 5 (2022) somit durchaus großzügig aus und verkürzt den Abstand zu den Premium-Modellen im eigenen Haus. Wären da nicht mehrere Abstriche, die der iPhone-Konzern auch beim neuen Air vornimmt, um den Preis künstlich zu drücken:

So müssen Käuferinnen und Käufer beim iPad Air weiter auf Face-ID verzichten. Die Gesichtserkennung sorgt in iPhones und iPad Pros zuverlässig dafür, dass sich das Gerät mit einem Blick auf den Bildschirm entsperrt oder etwa Käufe freigibt. Air-Besitzer bemühen dafür weiterhin den Fingerabdrucksensor im Power-Knopf an der Seite. Der arbeitet dafür allerdings ebenso flott und zuverlässig.

Der unveränderte, sehr gute Bildschirm (2360 x 1640 Auflösung bei 264 ppi Pixeldichte; fast wie beim Pro) passt die Helligkeit dank der Funktion TrueTone zwar erneut automatisch an das Umgebungslicht an. Allerdings belässt Apple im Air die Bildwiederholrate bei mittelmäßigen 60 Hertz. Das fällt im Alltag nicht wirklich störend auf, alles wirkt recht flüssig. Doch die iPad Pro und zahlreiche Android-Tablets beherrschen seit einigen Jahren eine doppelt so hohe Frequenz. Wer 120 Hertz von einem iPad Pro, iPhone 13 Pro oder einem Android-Tablet kennt, dürfte den optischen Unterschied in der Geschmeidigkeit merken. Wer den Pencil beim Air häufig nutzt, spürt die nicht ganz so direkte Eingabe des Stiftes.

Der volle Klang der Stereo-Lautsprecher im iPad Air kann erneut überzeugen. Videos, Musik und Spiele klingen angesichts der flachen Gehäusemaße außergewöhnlich gut. Doch auch hier spart sich Apple den Schritt hin zu den Vierfach-Lautsprechern der Pro-Modelle.

Im Netz surfen, Videos schauen und spielen sind dank M1-Chip im iPad Air 5 genauso flüssig möglich wie anspruchsvolle Videobearbeitung.
Im Netz surfen, Videos schauen und spielen sind dank M1-Chip im iPad Air 5 genauso flüssig möglich wie anspruchsvolle Videobearbeitung. © FMG | Maik Henschke

Fazit: iPad Air oder iPad Pro – Welches ist das richtige Apple-Tablet für mich?

Zwar hat Konkurrent Samsung erst kürzlich mit dem Trio der Galaxy Tab S8-Reihe gezeigt, dass auch im Android-Bereich noch gute Tablets gebaut werden. Dennoch profitieren die iPads der Apple-Welt noch immer von der umfangreicheren Auswahl an hochwertigen iPadOS-Apps für Normalanwender und Profis, die obendrein hervorragend auf Bildschirm und Leistung der iPads zugeschnitten sind.

Wer sich aktuell für ein iPad entscheidet und sich etwas mehr Leistung sowie dünne Bildschirmränder wünscht, muss abwägen: Reicht das iPad Air 5 oder soll es ein iPad Pro 11 Zoll werden?

Unsere Empfehlung: Wem das Paket aus hervorragender Leistung, toller Verarbeitung, überzeugendem Display und sehr guter Frontkamera genügt, der kann ab 679 Euro zum iPad Air mit Wi-Fi greifen. Für Mobilfunk genügt meist eine Hotspot-Verbindung mit dem eigenen Smartphone. Dann muss man aber mit mageren 64 GB Speicher und seinem iCloud-Speicher auskommen. Wer etwa für Videobearbeitung oder Musik mehr Speicher braucht, kann nur noch zur Variante mit 256 GB Speicher für dann 849 Euro greifen.

Dann ist man mit einem iPad Pro 11 Zoll mit 128 GB Speicher vermutlich besser bedient, das gibt es im Onlinehandel schon für etwas über 800 Euro (ab 879 Euro bei Apple). Dafür bekommt man dann ein helleres, flüssiges 120-Hertz-Display, bessere Lautsprecher und Kameras (mit LIDAR-Sensor für AR-Apps) und die Entsperrung per Gesichtserkennung dank Face-ID. Unterm Strich die vielleicht bessere Wahl. Wen die dicken Ränder nicht stören, der greift für Alltagsaufgaben und Medienkonsum zum günstigen Einsteiger-iPad.

iPad Air 5 (2022) – Pro und Contra

Pro

  • M1-Chip für extrem gute Rechen- und Grafikleistung
  • hervorragende Verarbeitung und Haptik
  • Bildschirm sehr gut und flüssig
  • verbesserte Frontkamera mit 12 MP und Folgemodus Center Stage
  • sehr guter, voller Klang
  • USB-C-Anschluss mit doppelt so schnellem Datendurchsatz
  • vielseitig erweiterbar mit Eingabestift und Tastatur
  • umfangreiches App-Ökosystem mit auf iPads zugeschnittene Anwendungen

Contra

  • nur 64 GB Speicher in der Basisversion
  • Bildwiederholrate 60 statt 120 Hertz
  • keine Face-ID-Gesichtserkennung
  • Einfachkamera ohne Blitz und LIDAR-Sensor
  • Bestimmte Profi-Apps für Video- (Final Cut Pro) oder Musikproduktion (Logic Pro) nicht für iPads verfügbar