Dublin/Wien. Einige Modelle geben laut einer Studie viel Mikroplastik ab. Die Folgen sind wenig erforscht. Doch es gibt Alternativen.

Sie werden für Wasser benutzt, für Tees oder auch für abgepumpte Muttermilch. Babyfläschchen aus Kunststoff sind sehr beliebt. Und weil das so ist, wollten Forscherinnen und Forscher aus Irland wissen, wie viel Kunststoff bei der Nutzung in die Flüssigkeiten gelangt. Die Ergebnisse sind bemerkenswert, ihre Folgen allerdings wenig untersucht.

Handelsübliche Babyflaschen aus Polypropylen (PP) setzen beim Erhitzen und Schütteln große Mengen Mikroplastik frei. Beim Einsatz solcher Produkte nähmen Babys in den ersten zwölf Monaten pro Tag durchschnittlich knapp 1,6 Millionen Partikel auf, berichten die irischen Forscherinnen und Forscher im Fachjournal „Nature Food“.

Mikroplastik: Die Politik soll Empfehlungen überdenken

„Wir wollen Eltern nicht ohne Grund beunruhigen, vor allem weil wir wenig über die möglichen Folgen von Mikroplastik für die Gesundheit von Kleinkindern wissen“, sagt Ko-Autor John Boland vom Trinity College Dublin (Irland). „Aber wir rufen politische Entscheidungsträger auf, die derzeitigen Empfehlungen für die Zubereitung von Babynahrung bei der Nutzung von Plastikflaschen zu überdenken.“

Die Forscher raten im Wesentlichen dazu, möglichst alle Schritte zu vermeiden, bei denen PP-Babyflaschen thermischer und mechanischer Belastung ausgesetzt sind, und nur abgekühlte Kost in die Flaschen zu füllen. Zwar müsse man die Flaschen regelmäßig sterilisieren, danach solle man sie aber mehrmals mit kühlerem Wasser ausspülen. Darüber hinaus gibt es auch Alternativen – Flaschen aus Glas.

Für ihre Studie untersuchten die Materialforscher und Chemiker handelsübliche PP-Babyflaschen verschiedener Marken im täglichen Gebrauch. In Deutschland haben die zehn getesteten Produkte einen Marktanteil von rund 72 Prozent. Beim Vorgehen hielt sich das Team an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Baby-Getränke: Nach dem Abkühlen durch einen Filter gegossen

Zunächst sterilisierten sie die Flaschen fünf Minuten lang mit 95 Grad Celsius heißem Wasser. Danach füllten sie – als Ersatz für die Babynahrung – etwa 70 Grad warmes destilliertes Wasser ein und schüttelten die Flasche dann 60 Sekunden. Nach dem Abkühlen gossen sie das Wasser durch einen Filter mit einer Porengröße von 0,8 Mikrometern und analysierten dessen Inhalt.

Bei den vollständig aus PP gefertigten Flaschen fanden sie pro Liter zwischen 1,3 und 16,2 Millionen Mikropartikel. Bestand nur Zubehör der Flasche aus Kunststoff, waren es noch zwischen 70.000 und 270.000 Mikropartikel.

Im nächsten Schritt schätzten die Forscher die jährliche Aufnahme an Mikropartikeln während der ersten zwölf Lebensmonate eines Kindes für 48 Länder und Regionen – unter Berücksichtigung der jeweiligen Stillraten sowie des Marktanteils von PP-Produkten an Babyflaschen: Im Mittel liegt die tägliche Aufnahme demnach bei knapp 1,6 Millionen Mikropartikeln. Allerdings hängt sie stark von der Weltregion ab und reicht von knapp 530.000 in Afrika über knapp 900.000 in Asien bis zu 2,6 Millionen in Europa. Lesen Sie auch: So können Kindersnacks krank machen

Mikroplastik: Unterschiede auch durch das Stillverhalten

Für Deutschland, Österreich und die Schweiz gehen die Forscher von ein bis zwei Millionen Mikropartikeln pro Tag aus – deutlich weniger als etwa in Frankreich, Großbritannien, Italien und Polen. „Der auffällige Unterschied in der jeweiligen Belastung hängt mit Unterschieden im Stillen und der Nutzung von PP- oder anderen Produkten zusammen“, erläutert das Team. Zum Vergleich: Bisher ging man davon aus, dass Erwachsene pro Tag etwa 600 Partikel Mikroplastik aufnehmen.

In einem „Nature“-Kommentar schreibt der Mediziner Philipp Schwabl von der Uniklinik Wien, die Resultate der Studie klängen alarmierend, die gesundheitlichen Folgen solcher Mengen müssten aber noch geklärt werden.

Albert Braeuning vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nennt den Nachweis „nicht überraschend“. Zu etwaigen Folgen für den Organismus lägen bisher kaum Daten vor. Nach derzeitigem Wissensstand sei aber „nicht davon auszugehen, dass von Mikroplastik-Partikeln in Lebensmitteln gesundheitliche Risiken ausgehen“.

Bisher wenige Informationen zu Einträgen aus Plastikbehältern

Die Belastung von Menschen weltweit mit Mikroplastik – gewöhnlich definiert als Teilchen mit einem Durchmesser unter fünf Millimetern – wird vor allem wegen der schlechten Datenlage mit Sorge beobachtet. Bisher habe sich die Forschung auf Mikroplastik-Quellen in Wasser und Lebensmitteln konzentriert und den direkten Eintrag aus Plastikbehältern vernachlässigt.

Nachgewiesen ist demnach, dass etwa Teebeutel und Flaschen aus Polyethylenterephthalat (PET) bei normalem Gebrauch Mikroplastik abgeben. Das meiste in menschlichem Stuhl gefundene Mikroplastik stamme allerdings von Polypropylen, schreiben die Autoren.

„Plastik könnte mit dem Mikrobiom wechselwirken und als Träger chemischer Zusatzstoffe – wie zum Beispiel Bisphenol A – dienen, die möglicherweise entweichen“, schreibt Philipp Schwabl. Letztlich könnten Studien dazu beitragen, die Regeln für die Produktion und Strapazierfähigkeit von Babyflaschen und anderen Lebensmittelbehältern zu verbessern. (dpa - Walter Willems/kai)