Berlin. Entschädigungen bei der Bahn lassen sich bislang nur über das analoge Fahrgastformular beantragen. Zumindest offiziell. Apps helfen.

Mehrere Start-ups füllen zurzeit eine Service-Lücke bei der Deutschen Bahn: Erstattungen nach Verspätungen oder Zugausfällen sind bislang offiziell nur über das analoge Fahrgastformular möglich.

Und das bedeutet: Formular ausfüllen, Fahrkarten und sonstige Belege kopieren, alles zum Servicecenter in Frankfurt schicken. Kurz: mühsamer Papierkram. Dienste wie „refundrebel“, „RE.X“ und „zug-erstattung.de“ wollen es Bahnkunden erleichtern, Geld zurückzubekommen – und kassieren dafür ihrerseits teilweise kräftig ab.

Zu entschädigen gibt es einiges: Die Summe, um die es geht, ist in den vergangenen Jahren stetig angewachsen. Mehr als 50 Millionen Euro an Entschädigung zahlte die Bahn im vergangenen Jahr an ihre Gäste, im Jahr 2014 waren es noch 27 Millionen.

Der Anspruch auf Rückerstattungen für Bahnkunden ist in den Fahrgastrechten geregelt.

  • Ab 60 Minuten Verspätung an Ihrem Zielbahnhof erhalten Sie eine Entschädigung von 25 Prozent des gezahlten Fahrpreises für die einfache Fahrt
  • Ab 120 Minuten Verspätung an Ihrem Zielbahnhof erhalten Sie eine Entschädigung von 50 Prozent des gezahlten Fahrpreises für die einfache Fahrt

Für die Erstattungen müssen Reisende ihre Verbindungsdaten in das Fahrgastrechte-Formular eintragen und dieses an einem der Service-Schalter abgeben oder per Post an die Deutsche Bahn schicken.

Entschädigungen bei Bahn: Halbes Dutzend Start-ups auf Markt

Viele Kunden haben darauf aber keine Lust, und dann kommen ja auch noch die weiteren Fragen der Bahn per Post zurück“, so Stefan Nitz, Gründer des Start-ups „refundrebel“, das diese Arbeit den Kunden abnehmen will.

Reisende müssten ihre Verspätungsdaten per Handy übermitteln. Alles Weitere übernehme das Unternehmen. „Wir kümmern uns auch um die komplizierten Fälle“, sagt Nitz, etwa bei Taxifahrten oder Hotelübernachtungen in Fällen, in denen Fahrgäste wegen einer Verspätung nachts an Bahnhöfen stranden.

Für diesen Service behält „refundrebel“ 16,5 Prozent des erstatteten Fahrpreises ein. Im Vergleich mit anderen Anbietern ist das recht teuer. Rund ein halbes Dutzend Start-ups gibt es derzeit auf dem kleinen Markt.

Wie unpünktlich ist die Deutsche Bahn wirklich?

weitere Videos

    Auch bei „RE.X“ etwa kann das Fahrgastrechteformular digital ausgefüllt werden. „Mit unserer App kannst du den Antrag schon in der Bahn ausfüllen und wir geben diesen für dich ab“, wirbt das Start-up auf seiner Internetseite.

    1,09 Euro kostet der Dienst bei „RE.X“ pauschal, „unabhängig davon, wie viel Erstattung du von der Bahn bekommen wirst“. Auf der Seite „zug-erstattung.de“ wiederum ist der erste Antrag im Jahr kostenlos. Jeder weitere kostet 99 Cent.

    Der Fahrgastverband Pro Bahn ist von den neuen Angeboten nicht gänzlich überzeugt. „Es ist ein „nice to have““, sagte der Ehrenvorsitzende von Pro Bahn, Karl-Peter Naumann. „Aber die ganz große Erleichterung ist es auch nicht.“ Auch die Start-ups bräuchten zahlreiche Angaben von den Kunden, um die Erstattung zu beantragen. „Zeitlich bin ich da nicht bei wirklichen Unterschieden.“

    Bahn: Spätestens 2021 möglich, Fahrgastrechte online geltend zu machen

    Für die Deutsche Bahn selbst macht es eigenen Angaben zufolge keinen Unterschied, ob der Erstattungsantrag direkt von den Fahrgästen oder von dritten eingereicht wird. Es werde stets sorgfältig geprüft, sagte eine Sprecherin auf Anfrage.

    „Es ist verständlich, dass das derzeitige Entschädigungsverfahren von unseren Kunden als nicht mehr zeitgemäß empfunden wird. Wir werden hier Abhilfe schaffen“, sagte eine Bahnsprecherin unserer Redaktion. Die Digitalisierung des Entschädigungsverfahrens sei jedoch Teil einer Gesamtlösung. „Wir bauen zurzeit eine völlig neue IT-Landschaft für die Vertriebssysteme der DB“, so die Sprecherin weiter.

    „Für die Kunden ergeben sich dadurch eine Vielzahl von Verbesserungen, vom einfacheren Ticketkauf bis hin zu noch exakteren Fahrzeit- und Umstiegsprognosen und damit verbundene Reisehinweise.“ Die vollständige Umsetzung der neuen IT-Landschaft werde aufgrund der Komplexität der zu synchronisierenden Vertriebssysteme und Funktionen jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

    Bei der Digitalisierung von Fahrgastrechtsfällen soll es schneller vorangehen. „Spätestens 2021 wird es möglich sein, Fahrgastrechte auch online bei uns geltend zu machen“, so die Bahnsprecherin gegenüber unserer Redaktion.

    Deutsche Bahn – Mehr zum Thema

    Die wichtigsten Fahrgastrechte lesen Sie noch einmal hier nach: Bahn: Diese Rechte haben Sie bei Verspätung & Co. Und günstiger fahren? Das ist keine Raketenwissenschaft. Hier haben wir gesammelt, wie man bei der Deutschen Bahn bei den Tickets sparen kann. Zudem steigt die Zugauslastung: So kämpft die Deutsche Bahn gegen Überfüllung.

    (les/dpa)

    Empfohlener externer Inhalt
    An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
    Externer Inhalt
    Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung