Berlin. Bereits sechs Länder melden Infektionen der Tiere mit Sars-CoV-2. Wegen möglicher Mutation werden Millionen Nerze in Dänemark getötet.

Am Wochenende hat das große Töten begonnen. Rund zwei Millionen Nerze aus Pelzfarmen sind in Dänemark bereits gekeult worden, weil sie eine mutierte Form des Coronavirus Sars-CoV-2 auf den Menschen übertragen können. Gut 13 Millionen werden folgen. Bilder zeigen, wie die wegen ihrer Felle gezüchteten Tiere tot dicht an dicht aufgereiht auf Metallwagen liegen. Die dänische Regierung begründet diese harte Maßnahme unter anderem mit der Sorge, dass eine mögliche Impfung ihre Wirkung verlieren könnte. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Warum müssen Millionen Tiere geschlachtet werden?

Grund für den Beschluss der dänischen Regierung, alle Nerze im Land keulen zu lassen, sind mindestens 214 nachgewiesene Infektionen bei Menschen mit einem veränderten Coronavirus Sars-CoV-2. Diese mutierten Erreger sind von Nerzen auf den Menschen übergegangen, bei zwölf Infizierten wurde eine Variante des Virus nachgewiesen, die der dänischen Gesundheitsbehörde Statens Serum Institut (SSI) besonders Sorgen macht. Denn sie könnte laut SSI eine mögliche Impfwirkung beeinflussen.

Die ersten Fälle einer Nerz-zu-Mensch-Ansteckung in Dänemark waren bereits im Juni bekannt geworden. Auch aus anderen Ländern wurden infizierte Nerze gemeldet. Betroffen seien laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Niederlande, Italien, Spanien, Schweden und die USA. Lesen Sie hier: Coronavirus: Niederlande wollen 10.000 Nerze töten

Was weiß man über die Mutationen?

Laut dem SSI seien in Dänemark bislang fünf verschiedene Gruppen oder Cluster von Nerz-Virus-Varianten gefunden worden. Sie können entstehen, wenn das Virus vom Menschen auf die Tiere übertragen wird, sich dort im Bestand ausbreiten und wiederum verändern kann und dann wieder auf den Menschen übertragen wird.

In Cluster 5 gibt es ein Virus, das den Dänen Sorgen bereitet, denn es weist Veränderungen im sogenannten Spike-Protein auf der Oberfläche des Virus auf. Dieses Spike-Protein hat zwei wichtige Aufgaben, wie Andreas Bergthaler von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erklärt: „Das Virus braucht das Spike-Protein, um in eine Körperzelle eindringen zu können. Verändert es sich, könnte es das Eindringen erleichtern – aber auch erschweren“, sagt Bergthaler, der das Projekt Mutationsdynamik von Sars-CoV-2 in Österreich leitet.

Lesen Sie hier: Bundeswehr: Diensthunde sollen Coronavirus erschnüffeln

Hinweise darauf, dass diese Cluster-5-Variante den Verlauf von Covid-19 verschlechtert, gibt es jedoch nicht. Laut WHO legten erste Beobachtungen nahe, dass das klinische Erscheinungsbild, der Schweregrad und die Übertragung unter den Infizierten denen anderer zirkulierender Sars-CoV-2-Viren ähnlich sind, wie die Organisation in einer Stellungnahme schreibt.

Es ist etwas anderes, das die dänische Regierung befürchtet: Dass eine mögliche Impfung gegen Sars-CoV-2 bei dieser Erregervariante unwirksam oder zumindest schlechter wirksam wäre. Denn das Spike-Protein ist ein wichtiges Ziel für Antikörper, die das Virus bekämpfen. Ist die Sorge berechtigt? „Ich denke nicht, dass eine einzelne Mutation einen ganzen Impfstoff unwirksam machen würde“, sagt Bergthaler.

Lesen Sie hier: Biontech weckt Hoffnung auf Impfstoff – wie geht es weiter?

Zuvor hatte auch der Präsident der Friedrich-Löffler-Instituts (FLI), Thomas Mettenleiter, Entwarnung gegeben: „Man fängt keinesfalls bei null an. Man müsste Impfstoffe dann etwas anpassen. Aber die Grundprinzipien bleiben natürlich gleich.“

In Dänemark wergen Millionen Nerze gekeult. Die Tiere können sich mit Sars-CoV-2 anstecken und das Virus zurück auf den Menschen übertragen – auch in mutierter Variante.
In Dänemark wergen Millionen Nerze gekeult. Die Tiere können sich mit Sars-CoV-2 anstecken und das Virus zurück auf den Menschen übertragen – auch in mutierter Variante. © dpa | Mads Claus Rasmussen

Warum mutieren Viren?

Dass sich ein Erreger ständig verändert, ist nicht ungewöhnlich. „Allein die Tatsache, dass Mutationen gefunden wurden, ist jetzt per se nicht beunruhigend“, sagt Bergthaler. Er erklärt es so: Das Genom des Virus besteht aus 30.000 Buchstaben. Beim Kopiervorgang, also der Vermehrung des Virus, entstehen immer wieder Fehler. „Das ist normal und seit Beginn der Pandemie auch schon Hunderte Mal geschehen.“ Nur bei einer der Mutationen zeigte sich eine Veränderung zum Nachteil der Infizierten: D614G. Sie hat die Infektiosität des Virus erhöht, wie Wissenschaftler im Juli im Fachblatt „Cell“ schrieben.

Warum die dänische Regierung nun zu einer solch drastischen Maßnahme greife, könne er nur mutmaßen, sagt Bergthaler. Denn es sei bislang keine wissenschaftliche Publikation zu der Mutation erschienen. „Gleichwohl kann man ganz unabhängig von ethischen Aspekten schon hinterfragen, wie sinnvoll es ist, in Zeiten einer Pandemie so viele Tiere auf engstem Raum zu halten, die potenzielle Überträger des Virus sein können“, sagt Bergthaler.

Auch interessant: Der Corona-Impfstoff ist ein Etappensieg – aber nicht mehr

Könnte die Mutation auch für Menschen in Deutschland ein Risiko darstellen?

Nein, denn es ist hierzulande verboten, Nerze als Pelztiere zu halten. Entsprechend gibt es keine Nerzfarmen wie in Dänemark, in denen sich ein Virus verbreiten könnte.

Geht ein Risiko von infizierten Haustieren wie Katzen und Hunden aus?

Laut dem Friedrich-Loeffler-Institut gibt es bislang keine Hinweise darauf, dass Haustiere Menschen angesteckt haben. Ob sich umgekehrt Haustiere bei infizierten Menschen anstecken können, ist nicht abschließend geklärt. Bei Hunden ist es wohl eher unwahrscheinlich.

Lesen Sie hier: Wenn sich Hund und Katze mit dem Coronavirus infizieren

Anders bei Katzen und Tieren wie Frettchen. Laut dem Friedrich-Loeff­ler-Institut wurden positive Katzen, die auch Krankheitssymptome zeigten, gemeldet. Die Katzen hätten sich in Haushalten mit Covid-19-Erkrankten aufgehalten und seien wahrscheinlich von diesen Personen angesteckt worden. In einer FLI-Studie ließen sich auch Frettchen mit Sars-CoV-2 infizieren und konnten das Virus unter Versuchsbedingungen an Artgenossen weitergeben. Frettchen und Nerze sind verwandt.