Berlin. Viele Kinder und Jugendliche sind laut einer Studie nicht ausreichend mit dem Spurenelement Jod versorgt. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Schilddrüsenexperten schlagen Alarm: Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sei nicht mehr ausreichend mit dem Spurenelement Jod versorgt. „Die Aufnahme vor allem während Schwangerschaft, Stillzeit und früher Kindheit hat einen wesentlichen Einfluss auf die kindliche Gehirnentwicklung“, teilt der Verband Deutscher Nu­klearmediziner (BDN) mit. Lesen Sie auch:Schwangerschaft: So wichtig ist eine gesunde Ernährung

Die Zeiten schwerer Jod-Mangelerscheinungen wie einem Schilddrüsenkropf bei Erwachsenen und dem mit geistiger Behinderung einhergehenden Kretinismus bei Kindern sind in Deutschland lange vorbei. Entscheidend dabei war die Einführung des jodierten Speisesalzes in den 1980er-Jahren. Nun aber sieht der BDN diesen Fortschritt in Gefahr.

Deutliche Verschlechterung innerhalb von elf Jahren

Seit dem ersten Jod-Monitoring des Robert Koch-Instituts im Rahmen der „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ vor elf Jahren habe sich die Jodversorgung deutlich verschlechtert, sagt Professor Matthias Schmidt, Schilddrüsenexperte und Nuklearmediziner am Universitätsklinikum Köln.

Lag die durchschnittliche Jodausscheidung der Probanden bei der Basiserhebung noch bei 116 Mikrogramm Jod pro Liter Urin (µg/l), war sie bei der zweiten auf 89 µg/l gesunken. Mehr als 58 Prozent der Kinder und Jugendlichen seien unterhalb des von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwertes von 100 µg/l geblieben.

Bei der Detailanalyse habe sich dem BDN zufolge gezeigt, dass vor allem ältere Mädchen mit Jod unterversorgt seien. „Auch in anderen Studien zeigt sich, dass gerade junge Frauen im gebärfähigen Alter nicht die empfohlene Jodaufnahme erreichen“, sagt Schmidt. Auch interessant:Das Rätsel Hashimoto: Wenn die Schilddrüse entzündet ist

Diese empfohlene Aufnahme liegt für Jugendliche und Erwachsene bei 200 µg/Tag, während der Schwangerschaft bei 230 und für Stillende bei 260 µg/Tag. „Besonders gefährlich ist ein Jodmangel für Ungeborene und Kleinkinder“, erklärt Schmidt. Die Schilddrüsenhormone seien essenziell für das kindliche Wachstum und die Entwicklung des Gehirns.

Ein Grund ist die vegane Ernährungform

Die Ursachen für den Jodmangel seien vielfältig, so der Verband – die grundsätzlich positive Reduktion von Salz etwa oder zunehmend vegane Ernährungsformen, bei denen auf Milchprodukte als wichtige Jodlieferanten verzichtet wird. Der Hauptgrund dürfte aber laut BDN in der zunehmenden Verwendung verarbeiteter Lebensmittel liegen. Auch interessant:Pflanzenmilch – wirklich gesund oder überschätzter Trend?

„Diese fertigen Lebensmittel liefern heute den Hauptanteil des Salzes, das wir aufnehmen, sie sind jedoch meist mit unjodiertem Salz hergestellt“, sagt Schmidt. Der BDN schlägt deshalb vor, Lebensmittelhersteller dazu zu verpflichten, jodiertes Speisesalz zu verwenden. Auch die Anhebung des Jodgehalts in jodiertem Speisesalz von derzeit 20 auf 25 µg pro Gramm könnte hilfreich sein. (kai)