Berlin. Glücksspiele wie „6 aus 49“ sind in Deutschland zugelassen – viele Lotterien von Online-Anbietern aber nicht. Was Spielern dann droht.

Tippscheine fürs Lotto gibt es nicht nur in den Annahmestellen vor Ort. Wer will, kann sein Glück auch im Internet versuchen. Doch dabei ist Vorsicht geboten: Nicht alle Online-Anbieter von Glücksspielen wie „6 aus 49“, Euro-Jackpot oder Keno sind in Deutschland zugelassen.

Darauf machen die Verbraucherzentralen aufmerksam. Sie warnen vor sogenannten schwarzen Lotterien im Ausland, die auch Zweitlotterien genannt werden und über keine deutsche Lizenz verfügen – aber über eine deutsche Webseite, auf der die Gewinnzahlen getippt werden können.

„Vielen Lottospielerinnen und -spielern ist gar nicht bewusst, dass sie an schwarzen Online-Lotterien teilnehmen. Das liegt daran, dass die illegalen Anbieter die optische Aufmachung legaler Glücksspiele kopieren und teilweise sogar mit Prüfsiegeln werben“, sagt Juliane von Behren von der Verbraucherzentrale Bayern, die den Markt aus Anlass einer Änderung des Glücksspielstaatsvertrags untersuchte.

Schwarze Lotterie oder Zweitlotterie: Was versteht man darunter?

Wichtig zu wissen ist: Wer bei einer Zweitlotterie mitmacht, nimmt nicht am Glücksspiel des deutschen Veranstalters selbst teil. „Es wird nur eine Wette auf das Ergebnis der staatlichen Lotterie abgegeben. Gegenüber der deutschen Lottogesellschaft besteht daher auch kein Anspruch auf Auszahlung eines Gewinns“, erläutert Juristin von Behren.

Sie nennt Lottohelden.de, Lottoland.com und Multilotto.com als aktiv tätige Zweitlotterien. Die eigentlichen Veranstalter der Lotterien sind hingegen die im Deutschen Toto- und Lottoblock zusammengeschlossenen Landes-Lotteriegesellschaften, wie West-Lotto, Lotto Niedersachsen oder Lotto Thüringen.

Ob die ausländischen Zweitanbieter den Spielern die Gewinne immer problemlos auszahlen, halten die Verbraucherzentralen für „zweifelhaft“. Wer richtig getippt hat und das Geld einfordert, könne an Schwierigkeiten der Rechtsdurchsetzung im Ausland scheitern. Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) in Kehl weist zudem darauf hin, dass die Teilnahme an unerlaubtem Glücksspiel strafbar ist. Laut Strafgesetzbuch, Paragraf 285, drohen eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe.

Die Westdeutsche Lotterie (West-Lotto) berichtet von einem Fall, in dem ein deutsches Finanzinstitut einen bei einer Zweitlotterie erzielten Millionengewinn eingefroren habe, da dieser aus illegalem Glücksspiel stamme.

„Immer wieder melden sich Spielteilnehmer, die sich telefonisch über Pro­bleme bei der Auszahlung von Gewinnen beschweren“, sagt West-Lotto-Sprecher Axel Weber. So habe ein anderer Millionengewinner eine persönliche Vorsprache in Gibraltar, die Eröffnung eines Kontos bei einer ausländischen Bank und den Abschluss eines fremdsprachigen Vertrags auferlegt bekommen, „damit ein Teil des Gewinns überhaupt sofort ausgezahlt wird“.

Wie ist die Rechtslage?

Laut dem Glücksspielstaatsvertrag brauchen die Anbieter von Lotterien eine staatliche Zulassung. Daran hat die jüngste Änderung des Vertrags nichts geändert. Zweitlotterien bleiben „nicht erlaubnisfähig“, heißt es in den Erläuterungen zum Gesetz.

Begründet wird diese Regulierung unter anderem mit dem Jugendschutz und der Vermeidung von Spielsucht- und Betrugsgefahren. Dem deutschen Fiskus missfällt zudem, dass die ausländischen Anbieter keine Lotteriesteuern in Deutschland zahlen.

Was sollten Spielinteressierte tun?

Die Verbraucherzentralen raten, genau darauf zu achten, bei welchem Anbieter sie Lotto spielen. Im Zweifel sollte im Impressum der Webseite und in den Geschäftsbedingungen nachgesehen werden. Einer professionellen Aufmachung der Homepage sowie Prüf- und Bewertungssiegeln auf den Homepages sollte jedenfalls nicht blindlings vertraut werden.

Ein Tipp: In einer „White-List“ (Weiße Liste) sind die Namen aller in Deutschland zugelassenen Anbieter von Glücksspielen aufgeführt. Gemäß Staatsvertrag stellt das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt die Liste für alle Bundesländer (www.lvwa.sachsen-anhalt.de) zusammen.

Neben den Online-Angeboten der Landes-Lotteriegesellschaften enthält die Liste auch die Namen von gewerblichen Spielevermittlern, die – im Unterschied zu den Zweitlotterien – eine Lizenz nach deutschem Recht haben. Dazu gehören etwa Faber, Lotto24, Pegasus oder Xotto. „Die Vermittlung zur staatlichen Lotterie ist hier klar geregelt“, betont Juristin von Behren.

Beim Online-Lotto gewonnen? Ob der Gewinn tatsächlich ausgezahlt wird, hängt im Zweifel von der Lizenz des Anbieters ab.
Beim Online-Lotto gewonnen? Ob der Gewinn tatsächlich ausgezahlt wird, hängt im Zweifel von der Lizenz des Anbieters ab. © shutterstock | Shutterstock

Was sagen die Zweitlotterien?

Eine schriftliche Anfrage auf Deutsch und Englisch mit der Bitte um Stellungnahme ließ Lottohelden.de unbeantwortet. Multilotto.com teilte auf Englisch mit, der Betrieb sei „generell eingestellt“ und Deutschland „bereits vor rund 2 Jahren gesperrt“ worden (eigene deutsche Übersetzung). Allerdings betont die Verbraucherzentrale, dass die deutschsprachige Internetseite von Multilotto mit dem deutschen Lotto „6 aus 49“ nach wie vor aufgerufen werden kann.

Für Lottoland.com teilte deren PR-Agentur mit, dass Lottoland als Glücksspielanbieter in Malta lizenziert sei. Anders als in Deutschland könnten private Anbieter in Malta eine Glücksspiellizenz für den EU-Markt erhalten. „Ob, wann und unter welchen Voraussetzungen Lizenzen anderer Staaten in Deutschland anzuerkennen sind, ist juristisch bislang ungeklärt“, so die Agentur. Wegen der umfassenden rechtlichen Harmonisierung in der EU sei „von einer uneingeschränkten Geltung einer EU-Erlaubnis auszugehen“.

Laut West-Lotto gibt es aber eine Vielzahl von Gerichtsentscheiden, in denen „Angebot und Vertrieb dieser Produkte eindeutig als illegal beschieden worden ist“. Das Oberlandesgericht Düsseldorf habe dies Ende April in einem Urteil erneut bestätigt (Az. I-20 U 227/20).

Neue Lizenzen: Bundesländer bekämpfen Gewinnspiel-Schwarzmarkt

Nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag können Unternehmen eine Lizenz für Online-Casino (Roulette, Blackjack, Baccara), Online-Poker sowie virtuelle Automatenspiele beantragen.

Mit dem als „restriktiv“ bezeichneten Rechtsrahmen wollen die Bundesländer eine Alternative zum Schwarzmarkt schaffen, auf dem es diese Spielformen seit vielen Jahren gibt. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Juli 2021 hat allerdings erst ein Unternehmen eine Lizenz für virtuelle Automatenspiele erworben, so das Europäische Verbraucherzentrum.

Schleswig-Holstein hat als einziges Bundesland bereits früher Lizenzen für Online-Poker und virtuelle Automatenspiele erteilt, die teilweise noch gültig sind. Im Prinzip gelten diese aber nur für dieses Bundesland.

Dieser Artikel erschien zuerst auf abendblatt.de.