Berlin. Medikamente sind für Menschen mit Schilddrüsenunterfunktion wichtig. Doch bei einigen Mitteln kommt es zu Lieferengpässen. Bei welchen?

  • Betroffene von Schilddrüsenunterfunktion müssen momentan länger auf ihre Medikamente warten
  • Apotheken melden einen Lieferengpass für bestimmte Präparate
  • Welche Medikamente sind momentan nur mit Wartezeit lieferbar?

Wer an einer Schilddrüsenunterfunktion leidet, muss regelmäßig Tabletten nehmen. Doch die Präparate sind seit Jahren immer wieder von Lieferengpässen betroffen. Auch aktuell gibt es bei einigen Präparaten einen Engpass. Für Betroffene kann das zum Problem werden, denn sie können nicht einfach zu einer Alternative greifen.

In Deutschland leiden Millionen Menschen an einer Form der Schilddrüsenunterfunktion. Bei der sogenannten Hypothyreose produziert die Schilddrüse nicht ausreichend Hormone.

Die Betroffenen können sich

  • extrem müde fühlen, antriebslos, können unter
  • depressiven Verstimmungen,
  • Konzentrationsstörungen oder
  • Appetitlosigkeit leiden.

Auch bei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch kann eine Unterfunktion der Schilddrüse eine Rolle spielen.

Immer wieder Lieferengpässe bei L-Thyroxin

Um den Mangel an Hormonen auszugleichen, verschreiben Ärzte künstliche Schilddrüsenhormone in Form von Tabletten. Doch Betroffene berichten, dass Apotheken derzeit einige Tabletten mit dem Wirkstoff Levothyroxin-Natrium nicht vorrätig hätten.

Schilddrüsen-Medikamente: Diese Mittel sind betroffen vom Engpass

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt vier Präparate auf, die derzeit von einem Lieferengpass betroffen sind:

  • L-Thyroxin 50 - 1A Pharma
  • L-Thyroxin 125 - 1A Pharma
  • L-Thyrox HEXAL 150 Mikrogramm Tabletten
  • L-Thyrox HEXAL 175 Mikrogramm Tabletten

Alle vier Präparate der beiden Marken Hexal und 1A Pharma gehören zum Pharmaunternehmen Sandoz. Laut BfArM soll der Engpass jeweils im Juli beendet sein. Als Begründung ist angegeben: „stark erhöhte Abverkäufe“.

Produktionsunterbrechung durch Corona-Pandemie

Eine Sprecherin des Instituts sagte auf Anfrage unserer Redaktion, dem BfArM lägen Informationen vor, „dass es insgesamt zu überdurchschnittlich hohen Verordnungen und Abgaben von vermarkteten Arzneimitteln gekommen ist“.

Das lasse sich in Teilen sicherlich durch die Corona-Pandemie erklären, „da viele Marktteilnehmer Produktions- und Transportunterbrechungen in größerem Ausmaß befürchtet haben“. In der Folge sei es zu Bevorratungsmaßnahmen sowohl auf Apotheken- als auch auf Patientenebene gekommen, so die Sprecherin.

Sandoz: Bis September wieder stabile Lieferfähigkeit

Sandoz arbeite daran, die Lieferengpässe zu beheben, teilte das Unternehmen unserer Redaktion mit. Die Engpässe seien durch eine erhöhte Nachfrage und gleichzeitige Anpassungen in der Produktion am Standort in Barleben bedingt.

Die Produktionsanpassungen erfolgten mit dem Ziel, die Kapazitäten langfristig auszuweiten, teilte das Unternehmen mit. Man hoffe, im September wieder eine stabile Lieferfähigkeit aufgebaut zu haben.

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Auch in der Vergangenheit ist es bei verschiedenen Unternehmen immer wieder zu Engpässen bei den Hormontabletten gekommen. Die Gründe dafür sind vielfältig. So sind Schilddrüsenmedikamente genau wie andere Präparate zum Beispiel von Problemen in der Wirkstoffproduktion im Ausland betroffen.

Packungen des Schilddrüsenmedikaments Levothyrox in einer Apotheke.
Packungen des Schilddrüsenmedikaments Levothyrox in einer Apotheke. © dpa | Christian Böhmer

Laut der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda) gehören Lieferengpässe für mehr als 90 Prozent der selbständigen Apotheker zu den größten Ärgernissen im Berufsalltag – Tendenz seit Jahren steigend. Außerdem wendet die Mehrheit der Apotheker laut Abda mehr als zehn Prozent ihrer Arbeitszeit dafür auf, um bei Engpässen nach Lösungen zu suchen.

Apotheke darf kein Ersatzpräparat verkaufen

Für Menschen mit Schilddrüsenunterfunktion bedeutet ein Lieferengpass jedoch einen Gang zu ihrem behandelnden Arzt. Denn bei den Schilddrüsenhormonen gibt es eine Besonderheit: Der Wirkstoff Levothyroxin steht auf der sogenannten Substitutionsausschussliste des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Diese Liste führt laut BfArM Arzneimittel auf, die von der Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ausgeschlossen sind.

Das bedeutet, die Apotheke darf bei einem Lieferengpass nicht einfach auf das Produkt eines anderen Herstellers zurückgreifen. Denn bereits kleinste Änderungen der Dosis oder Konzentration des Wirkstoffes oder auch der Zusammensetzung der Tablette könnten sich auswirken.

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Um also auf ein Alternativpräparat zugreifen zu können, müssen sich Betroffene ein neues Rezept ausstellen lassen. Der Arzt sollte den Wechsel außerdem mit Blutkontrollen begleiten.

• Zum Nachlesen: Welche Arzneimittel sind von Lieferengpässen betroffen? Hier finden Sie die Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.