Berlin. Klinsmann und der FC Bayern - eine große Liebe war das nie. Dennoch sieht der Hertha-Coach seine Münchner Zeit als Profi und Trainer als wichtige Erfahrung auch für seine neue Mission in Berlin. Und es gibt durchaus Parallelen zwischen seinem ehemaligen und aktuellen Job.

Es wird ein ganz spezielles Spiel für den Hertha-Reformer Jürgen Klinsmann - ob mit oder ohne gültigen Trainerschein.

Klinsmann gegen seinen Ex-Club FC Bayern: Natürlich kommen da neben der aktuellen Aufgeregtheit um die noch zu erneuernde Fußballlehrerlizenz auch wieder die zertretene Werbetonne und die umstrittenen Buddha-Figuren ins Spiel, wenn der ehemalige Welt- und Europameister zum Rückrundenauftakt der Bundesliga am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) mit seinem neuen Club auf die Münchner trifft.

"Ich durfte ein Jahr als Trainer dort machen, war zwei Jahre Spieler, wurde Europacupsieger, deutscher Meister", erinnert sich der 55-Jährige an seine spannungsgeladenen Bayern-Jahre, die für ihn "eine ganz, ganz tolle Lebenserfahrung" waren. Allerdings habe er schnell gemerkt, "dass das ein oder andere dann nicht gepasst hat. Da hat man sich dann aufgerieben und war anderer Meinung", sagte Klinsmann Sky-Interview zu seiner gescheiterten Bayern-Ehe.

Von 1995 bis 1997 schoss der Ausnahmestürmer Klinsmann für den nationalen Branchenführer in 84 Spielen 48 Tore, dennoch trennten sich nach zwei Spielzeiten die Wege. "Mit Sicherheit war der FC Bayern der professionellste Club, bei dem ich gespielt habe", sagte der Ex-Profi. Gegen den SC Freiburg holte Trainer Giovanni Trapattoni den damaligen Kapitän der Nationalmannschaft vom Platz. Es folgte jener bekannte Frusttritt in die Batterie-Werbetonne. "Es hat sich über Monate so viel angestaut, da sind meine Gefühle mit mir Gassi gegangen", kommentierte Klinsmann später die Szene.

Sein Trainer-Engagement beim deutschen Branchenführer dauerte nur von Sommer 2008 bis April 2009, dann musste der einstige Bundestrainer ohne Titel gehen. Mit großem Ballyhoo empfangen, prallten an der Säbener Straße Klinsmanns grenzenloser Reformkurs und der Stolz beim Rekordmeister knallhart aufeinander. Auch wenn er für die großen Buddha-Statuen am Trainingszentrum nicht verantwortlich war, wie Klinsmann jetzt in Berlin nochmals betonte.

Sein riesiger internationaler Stab sorgte für Irritierung bei den Bayern-Bossen um Uli Hoeneß, Personalentscheidungen gingen daneben, die Profis reagierten mit Undiszipliniertheiten. Die Erfolge blieben aus. Schließlich war nach einem beschämenden 1:5 gegen den späteren Meister VfL Wolfsburg, einem ernüchternden 0:4 beim FC Barcelona und dann einem bitteren 0:1 gegen Schalke 04 für Klinsmann Schluss.

Klinsmann ist dennoch "einfach dankbar" für seine erste Erfahrung als Clubcoach. "Natürlich" habe er aus dieser Zeit auch gelernt, betonte er: "Weil jeder Mensch lernt aus Erfahrungen, ob die jetzt positiv oder negativ sind." Eine Wiederholung aber ist für den aktuellen Hertha-Chefcoach auch hypothetisch undenkbar. "Ich glaube, da sind wir alle ehrlich genug. Wenn man weiß, irgendwo passt es da nicht zusammen, dann ist es ja okay so. Sie werden sich auch nicht zum dritten, vierten oder fünften Mal wieder verheiraten mit ihrer eigenen Frau nach Scheidungen", sagte Klinsmann.

Mit Berlin scheint der gebürtige Schwabe eine neue Liebe gefunden zu haben, auch wenn bei Hertha die derzeit noch riesige Diskrepanz zwischen Klinsmanns Vision vom Mega-Club und der Realität als Verein im Abstiegskampf für Reibungen und teilweise sogar Befremdung sorgt. "Wir haben einen knackigen Auftakt vor der Brust und liegen hinter unseren Erwartungen", erinnerte Manager Michael Preetz. Und die Zielvorgaben würden von ihm und seinem Geschäftsführer-Kollegen Ingo Schiller kommen, auch wenn sie mit Investor Lars Windhorst und dessen Vertrauten Klinsmann "in eine Richtung" arbeiten würden.

"Unser gesamter Fokus liegt derzeit auf das Spiel gegen den FC Bayern. Wir wollen ein Ausrufezeichen setzen", sagte Klinsmann und rechnet sich gegen seinen Ex-Club durchaus Chancen aus. "Wir haben in unserer Situation gar nichts zu verlieren. Wenn wir da einen Punkt holen: Mega. Holen wir drei: Boah, dann ist Party angesagt", bemerkte der Hertha-Coach. Denn für ihn ist der FC Bayern trotz aller früheren Spannungen einfach "einer der besten Clubs der Welt".