Braunschweig. Alles anders in der Corona-Krise: Selbst die erfolgsverwöhnte Hindernisläuferin Gesa Krause siegt bei den Leichtathletik-Meisterschaften in Braunschweig nicht.

Viel Musikgedudel und Ansagen aus Lautsprechern, Startschüsse, das Scheppern von Hürden und der Beifall weniger Betreuer - ansonsten: Stille!

In gespenstischer Atmosphäre haben die deutschen Leichtathleten am ersten Tag ihrer Geistermeisterschaften in Braunschweig um Titel gekämpft. Vor leeren Rängen verpasste Europameisterin Gesa Krause ihren sechsten Titel über 3000 Meter Hindernis. Die WM-Dritte vom Verein Silvesterlauf Trier musste mit muskulären Problemen aufgeben.

"Das ist natürlich unschön. Es war nicht mein Tag heute, und es lief von Anfang an nicht rund", sagte Krause, die nach etwa 2000 Metern überraschend ausstieg. "Es ist für mich schwer in Worte zu fassen. Das ist natürlich erst mal eine große Enttäuschung." Sie sei auch mit der Hitze nicht klargekommen. Dabei hatte sich Krause dafür stark gemacht, dass auch die Mittel- und Langstrecken ins Programm genommen werden, obwohl es dabei schon mal ein Gedränge gibt und die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können.

So siegte Elena Burkard von der LG farbtex Nordschwarzwald erstmals in 9:50,31 Minuten. "Unglaublich. Ich hatte ein schweres letztes Jahr, jetzt freue ich mich umso mehr, dass es heute geklappt hat", sagte Burkard im ARD-Interview.

Starke Zeiten und Weiten blieben am ersten Tag nach den schwierigen Trainingsmonaten in der Corona-Krise weitgehend aus. Die Wettkämpfe fanden erstmals in ihrer über hundertjährigen Geschichte ohne Zuschauer und unter strengen Hygienevorschriften statt. So mussten die Kampfrichter einen Mund-Nasen-Schutz tragen, die Athleten durften nur in vorgegebenen Timeslots und auf markierten Wegen die Arena betreten und die Startfelder wurden reduziert. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hatte mit einem 45-seitigen Konzept die Genehmigung der Behörden für die Veranstaltung erhalten.

Auch der frühere Zehnkampf-Star Frank Busemann empfand die Atmosphäre bei den 120. Titelkämpfen mehr als ungewohnt. "Ich war ja darauf vorbereitet, es ist unsere einzige Chance, deshalb find' ich das hier gut", sagte der 45 Jahre alte ARD-Experte der Deutschen Presse-Agentur. "Aber gerade der erste 400-Meter-Hürdenlauf: Totenstille! So still, das war schon irgendwie gespenstisch."

Für Dreisprung-Ass Max Heß kam noch der ungewohnte Anlauf auf einem Podest dazu. Der lange verletzte frühere Europameister holte sich dennoch wie erwartet seinen vierten Freiluft-Titel ab. Der 24 Jahre alte frühere Europameister setzte sich mit mäßigen 16,58 Metern souverän durch. "Ich bin nur schwer reingekommen und musste mich mit dem Anlaufsteg erst mal zurechtfinden", klagte Hess.

Auch im Speerwerfen siegte die Favoritin: Europameisterin Christin Hussong (Zweibrücken) kam auf ansprechende 63,93 Meter und gewann ihren dritten Titel hintereinander. Auch für Hussong gab es keine übliche Siegerehrung mit viel Applaus: Alle Medaillengewinner und Platzierten mussten ihre Plaketten und Urkunden im Wettkampfbüro abholen.

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