Berlin. Siegel auf Lebensmitteln im Supermarkt sollen Nachhaltigkeit garantieren. Umweltschützern reichen die aktuellen Vorgaben nicht aus.
Durch die vielen verschiedenen Siegel im Supermarkt ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher nur schwer zu erkennen, welche Lebensmittel wirklich nachhaltig produziert sind. Denn die Label decken in der Regel nur Teilbereiche ab. Sie garantieren beispielsweise nachhaltige Fischerei oder faire Arbeitsbedingungen.
Seit Langem fordern Umweltverbände die Einführung eines verbindlichen staatlichen Nachhaltigkeitslabels für Lebensmittel. Es sollte am besten nicht nur den Einfluss von Produkten aufs Klima berücksichtigen, sondern auch Aspekte wie Biodiversität und Sozial- und Gesundheitskriterien mitdenken, schreibt die Umweltstiftung WWF in einem Positionspapier.
Nachhaltigkeit per Ampel: Lidl testet den Eco-Score
Supermarktketten haben bereits eigene Kennzeichnungen für nachhaltige Produkte eingeführt. Lidl erprobt seit Juni in seinen Berliner Filialen den sogenannten Eco-Score. Ähnlich wie beim Nutri-Score zeigt eine farbige, fünfteilige Ampel, wie gut ein Produkt abschneidet. Lebensmittel mit einem dunkelgrünen A haben den geringsten Einfluss auf die Umwelt, ein rotes E steht für sehr hohe Auswirkungen.
Der Eco-Score berücksichtigt 16 Kriterien wie Umwelteinflüsse durch Produktion und Transport, Wiederverwertung der Verpackung, andere Label (EU-Bio etc.) und Herkunft der Inhaltsstoffe.
Die Kennzeichnung wird bereits in Frankreich benutzt und bezieht ihre Informationen aus der Umweltdatenbank Agribalyse. Laut Naturschutzbund (Nabu) sei die Anzahl der hinterlegten Produkte aber noch überschaubar. Außerdem sei es schwierig abzuwägen, wie Gesellschafts- und Klimaaspekte gewichtet werden.
Für die Nachhaltigkeit: WWF-Panda und blauer Planet
Edeka und Netto drucken auf von ihnen als nachhaltig definierte Eigenmarken den WWF-Panda, der kein Label im eigentlichen Sinn ist. Zusammen mit der Umweltschutzorganisation haben die Supermärkte acht Themenfelder wie Verpackung und Süßwasserschutz entwickelt, in denen diese Produkte vorbildlich sein sollen. Die Kennzeichnung stützt sich auf etablierte Siegel und ergänzt sie gegebenenfalls.
- Lesen Sie hier: COP26 - Weltweit weitere Demos für mehr Klimaschutz geplant
Die Supermarktgruppe um Rewe und Penny vergibt mit dem „Pro Planet“-Label auch eine eigene Kennzeichnung. Die Produkte sollen Umweltaspekte und den Schutz von Gesundheit und Wohlbefinden von Menschen vereinen. Der blaue Planet auf den Produkten zeigt aber letztendlich nur, dass nach vorheriger Analyse die Nachhaltigkeit gezielt verbessert wurde. Für einen direkten Vergleich mit anderen Lebensmitteln eignet sich die Kennzeichnung daher weniger.
Nachhaltigkeitssiegel hat hohe Ansprüche
Der WWF begrüßt grundsätzlich die Initiativen der Supermärkte oder arbeitet auch mit ihnen zusammen. Trotzdem werde laut Organisation immer noch ein „extrem informierte Verbraucher“ vorausgesetzt. Deshalb müsse die neue Bundesregierung eine übersichtliche und einheitliche Kennzeichnungen schaffen, die verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt, so die Naturschützer.
Aus Sicht des Nabu ist es noch ein langer Weg zum Siegel. Für viele Produkte wird es schwer werden, alle Kriterien der Nachhaltigkeit gleichzeitig zu erfüllen. Erdnüsse aus der Türkei können dann vielleicht irgendwann biologisch mit verringertem Wasserverbrauch angebaut werden, es bleibt aber eine Herausforderung Kinderarbeit auf den Plantagen zu unterbinden.
Realistischer wären laut Nabu Lebensmittel in einer nachhaltigen „Mittelklasse“ und „High-End-Produkte“. Während ein Siegel bei Ersteren für ein gutes Abschneiden in den meisten Nachhaltigkeitskategorien steht, würden Letztere bei allen Kategorien exzellent bewertet werden.
- Interaktive Karte: So wird der Klimawandel das Leben in Ihrer Region verändern
- Antarktis: Gigantischer Eisschild könnte kurz vor dem Abschmelzen sein
- Google Earth: Diese Funktion zeigt die Klimakrise im Zeitraffer
- Ernährung: Wie durch Fleischverzicht die Klimaziele erreicht werden könnten
- Klimawandel im Meer: Katastrophale Zustände in der Tiefe sorgen für Massensterben