Berlin. Die Gewerkschaft der Lokführer leitet eine Urabstimmung bei ihren Mitgliedern ein. Warum die GDL nun doch nicht auf Warnstreiks setzt.

Gute Nachrichten für alle Bahnfahrer: Die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) plant für die nächsten Woche nun doch keine Warnstreiks. Stattdessen ruft die GDL ihre Mitglieder zunächst zu einer Urabstimmung über Streiks auf. Die Stimmen werden am 9. August ausgezählt.

„Bis dahin werden wir keine weiteren Arbeitskampfmaßnahmen durchführen“, kündigte der GDL-Vorsitzende, Claus Weselsky, am Donnerstag in Berlin an. „Vor der Urabstimmung gibt es keine Warnstreiks.“ Damit können Bahnreisende zumindest für die nächsten sechs Wochen in den Sommerferien beruhigt eine Urlaubsreise mit der Bahn planen.

Bahn-Mitarbeiter sollen abstimmen

Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen will die Gewerkschaft nun zunächst ihre rund 29.600 Mitglieder, die bei der Deutschen Bahn arbeiten, über ihre Streikbereitschaft abstimmen lassen. „Eine Urabstimmung ist eine Arbeitskampfmaßnahme“, hob Weselsky hervor. Durch die Urabstimmung möchte sich der GDL-Chef eine „bessere Rechtsbasis“ für mögliche Warnstreiks und Streiks sichern. Der GDL-Vorstand erwartet dabei eine Zustimmung von mehr als 90 Prozent.

„Klar sei aber auch“, sagte Weselsky: „Sollte die Belegschaft für Warnstreiks stimmen, so werden diese nicht nur 2-3 Stunden dauern.“ Gleichzeitig habe der Bahnvorstand nun weitere Zeit, der Gewerkschaft ein besseres Angebot in den Tarifverhandlungen vorzulegen. Die Deutsche Bahn bietet stattdessen eine weitere Schlichtung an, nachdem ein solches im Herbst bereits erfolglos verlaufen ist. Doch die GDL sei für ein weiteres Schlichtungsverfahren nicht bereit, so Weselsky.

Lokführer: Coronaprämie von 600 Euro

Die GDL fordert in den laufenden Tarifverhandlungen eine Coronaprämie von 600 Euro sowie eine Lohnerhöhung von 1,4 Prozent für 2021 sowie eine weitere Erhöhung um 1,8 Prozent für 2022 - bei einer Laufzeit von 28 Monaten.

Die Deutsche Bahn habe laut GDL bisher nur 1,5 Prozent Lohnerhöhung bei einer Laufzeit von 24 Monaten angeboten. „Dies würde einer Minusrunde entsprechen“, sagte Weselsky. „Ohne ein verbessertes Angebot werden wir die Tarifverhandlungen nicht wieder aufnehmen“, unterstrich Weselsky. „Wir wollen alle Bahnmitarbeiter vor Einkommensverlusten schützen.“

Deutsche Bahn wirft GDL "Blockadehaltung" vor

Die Deutsche Bahn reagiert auf die geplante Urabstimmung empört. Personalchef Martin Seiler wirft der GDL eine "Blockadehaltung" und "verantwortungslose Geisterfahrt" vor. Er fordert die Gewerkschaft auf, endlich wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Mit "immer neuen Drohungen und Ankündigungen" verunsichere die GDL Millionen Bahnkunden, die "wieder aufs Reisen freuen". Die Bahn hält vielmehr eine Einigung in der Tarifrunde für möglich. "Die DB ist bereit, die geforderte Lohnerhöhung von 3,2 Prozent in zwei Schritten zu vereinbaren." Allerdings brauche der Konzern eine etwas längere Laufzeit, um die gewaltigen Corona-Schäden bewältigen zu können.

GDL will mehr für Bahn-Mitarbeiter

Die Konkurrenzgewerkschaft EVG hat unterdessen bereits im vergangenen Herbst einen Tarifabschluss unterschrieben. Danach bekommen die Beschäftigten ab Anfang 2022 insgesamt 1,5 Prozent mehr Geld. Dies ist vergleichsweise wenig - dafür wurden bis Ende 2023 betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen.

Die GDL will definitiv mehr für die Mitarbeiter herausholen. Warum Warnstreiks zunächst nicht die erste Wahl sind, erläuterte Weselsky wie folgt: Warnstreiks dienten vor allem auch dazu, um dem Konzern zu beweisen, dass eine Gewerkschaft streikfähig sei. „Dies muss die GDL nicht beweisen.“

Tatsächlich hat die GDL bei früheren Arbeitskämpfen mehrfach den Zugverkehr erheblich beeinträchtigt, um die Forderungen durchzusetzen. So legte die GDL in den Jahren 2014 und 2015 die Bahn mehrfach stundenweise und nach der Urabstimmung auch über mehrere Tage lahm. Insgesamt hat die GDL nach eigenen Angaben 37.000 Mitglieder - und damit 3000 mehr als noch im Vorjahr.