Berlin. Die Gaspreise steigen drastisch. Haushalten mit Gasheizung könnten bald doppelt so hohe Abschläge drohen. Vier Beispiel-Rechnungen.

Egal ob vierköpfige Familie, Rentner, Pärchen oder Singles: Wer zu Hause im Eigenheim oder in der Mietwohnung eine Gasheizung betreibt, der muss sich in den kommenden Monaten auf einen deutlichen Preisanstieg bei der Gasrechnung einstellen. Experten gehen davon aus, dass die regelmäßigen Abschläge an den Gasanbieter für viele bald doppelt so hoch wie bisher ausfallen könnten – womöglich auch noch höher.

Steigende Gaspreise: Wann kommen sie bei Verbrauchern an?

Seit der russische Gaskonzern Gazprom die Lieferungen nach Deutschland unter einem Vorwand mehr als halbiert hat, ist das Gas auf dem Weltmarkt noch knapper. Die Einkaufspreise auch für heimische Gasanbieter steigen drastisch. Das bekommen nun nach und nach auch Privathaushalte zu spüren. Denn die Versorger dürfen den Preisanstieg bei den Gaspreisen künftig an Kundinnen und Kunden in Deutschland weitergeben. Zwei Maßnahmen machen dafür den Weg frei:

Zunächst hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vergangene Woche die sogenannte Alarmstufe Gas ausgerufen – mit der klaren Feststellung „Gas ist von nun an ein knappes Gut in Deutschland“. Die zweite Voraussetzung wäre erfüllt, würde die Bundesnetzagentur einen akuten Gasmangel feststellen. Damit ist ebenfalls in den kommenden Wochen zu rechnen, wie aus Kreisen der Energieversorger zu vernehmen ist.

Alte Gastarife: Preisgarantien laufen aus

Anschließend würden die drastisch steigenden Gasmarktpreise schrittweise auch bei den Verbrauchern ankommen. Wie schnell geschieht das und wie teuer wird es? Das hängt vom Einzelfall ab.

Wer kurzfristig einen Neukundentarif abschließen muss oder möchte, der wird bereits in Kürze die Auswirkungen auf der Gasrechnung spüren. Das kann der Fall sein, wenn entweder der Vertrag beim bisherigen Gasanbieter endet und man den Anbieter wechselt oder sich der bestehende Vertrag planmäßig verlängert – dann zu voraussichtlich höheren Konditionen.

Etwas längere „Schonfrist“ könnten Haushalte haben, deren Vertrag beim Gasanbieter noch längere Zeit läuft und die bestimmte Preisgarantien vereinbart haben. Ältere Verträge sind hier in der Regel günstiger als jüngere Tarife. Doch auch diese zeitlich befristeten Preisgarantien laufen in der Regel nach einigen Monaten aus.

Gaspreis auf dem Weltmarkt steigt: Was müssen Neukunden nun zahlen?

Was kostet mein Gaskosten-Abschlag danach? Das lässt sich heute nicht genau vorhersagen und hängt maßgeblich mit den weiteren Entwicklungen auf dem Gasweltmarkt zusammen – die auch vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beeinflusst werden. Als grobe Orientierung lassen sich aber die Preise heranziehen, die Verbraucher heute als Neukunden beim Wechsel des Gasanbieters zahlen müssten.

Wer vor zehn Monaten oder davor seinen bestehenden Gasvertrag abgeschlossen hat, der profitiert noch von Preisen vor den Turbulenzen auf dem Weltmarkt. Denn bereits im Herbst 2021 – Monate vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine – zogen die Preise erstmals an. Im September 2021 verlangten Gasanbieter noch um die 5 Cent je Kilowattstunde. Schließen Verbraucher derzeit einen Neukundenvertrag ab, werden nicht selten 16 Cent aufwärts fällig – macht einen Preisanstieg beim Gas von mehr als 200 Prozent.

Eine Größenordnung, auf die sich Haushalte mit Gasheizung für kommendes Jahr laut Experten einstellen sollten.

Die Gaspreise steigen rasant, das kommt bald auch bei Haushalten an.
Die Gaspreise steigen rasant, das kommt bald auch bei Haushalten an. © WAZ FotoPool | Joachim Kleine-Büning

Wie teuer wird meine Gasrechnung in Zukunft? Vier Beispiele

Wie teuer die Gasrechnung künftig im Einzelfall ausfällt, hängt davon ab:

  • Wo wohne ich?
  • Wie hoch ist mein jährlicher Gasverbrauch (abhängig v.a. von Wohnfläche und Haushaltsgröße)?
  • Bei welchem Anbieter bin ich unter Vertrag?

Beispielhaft haben wir einmal für vier Muster-Haushalte geprüft, was diese aktuell bei Abschluss eines Neukundentarifs für ihre Gaslieferung würden – im Monat sowie im Jahr. Ausschlaggebend ist der jeweils günstigste Tarif (ohne Neukunden-Boni; Stand 28.06.2022) laut dem Preisvergleichsportal Verivox:

Köln (PLZ: 50667 / Nordrhein-Westfalen) / 4 Personen, 150 qm / Jahresverbrauch: 18.000 kWh

  • Günstigster Tarif: Shell Energy Gas+ 24 Bonus
  • Arbeitspreis: 17,95 Cent pro kWh
  • Pro Monat: 290,45 Euro
  • Pro Jahr: 3485,39 Euro

Erfurt (PLZ: 99084 / Thüringen) / 2 Personen, 75 qm / Jahresverbrauch: 9000 kWh

  • Günstigster R(H)EINPOWER MeinGas 12
  • Arbeitspreis: 21,98 Cent pro kWh
  • Pro Monat: 176,61 Euro
  • Pro Jahr: 2119,34 Euro

Berlin (PLZ: 12157) / 3 Personen, 100 qm / Jahresverbrauch: 12.000 kWh

  • Günstigster Tarif: Vattenfall Easy12 Gas
  • Arbeitspreis: 20 Cent pro kWh
  • Pro Monat: 213,90 Euro
  • Pro Jahr: 2566,80 Euro

Hamburg (PLZ: 20257) / 1 Person, 50qm / Jahresverbrauch: 5000 kWh

  • Günstigster Tarif: Shell Energy Gas+ 24
  • Arbeitspreis: 18,28 Cent pro kWh
  • Pro Monat: 88,34 Euro
  • Pro Jahr: 1060,10 Euro

Dieser Artikel erschien zuerst auf abendblatt.de.