Washington. Mehrere Konzerne ziehen Konsequenzen aus dem Sturm auf das Kapitol. Nach Twitter sperrt auch Snapchat den Account des US-Präsidenten.

Golf-Utensilien, Käppis, Süßigkeiten und „Trinkware“. Das Online-Kaufhaus des Trump-Konzerns wirkt dieser Tage auf den ersten Klick wie immer: pseudo-edel und teuer. Wer tiefer surft, stellt den Unterschied fest. Man kann nichts mehr kaufen. Der Grund – die E-Commerce-Seite Shopify hat dem scheidenden US-Präsidenten die Zusammenarbeit aufgekündigt – ist symptomatisch.

Nach der blutigen Erstürmung des Kapitols in Washington durch militante Anhänger, für die Trump maßgeblich mitverantwortlich gemacht wird, entwickelt sich der streitbare Milliardär in der Geschäftswelt zum Paria. Banken und Bosse, Immobilienmakler, Zulieferer und Kooperationspartner ziehen Brandmauern zum scheidenden Präsidenten hoch, der ihnen einst wegen massiver Steuersenkungen und radikaler Lichtung des Vorschriften-und-Auflagen-Dschungels höchst willkommen war. Lesen Sie hier: USA: Die Angst vor zweiten Ansturm auf das Kapitol wächst

„Trump ist toxisch geworden“, heißt es beim Verband der verarbeitenden Industrie, in dem mehr als 10.000 Firmen organisiert sind. Sprecher Jay Timmons hatte bereits kurz nach dem Eklat im Kongress Trumps Abberufung gefordert.

Dutzende Unternehmen – von IBM, Dell, Cisco, UPS über Citibank, General Motors, Johnson & Johnson, Pfizer bis zum Eiscreme-Riesen Ben & Jerry’s – formulierten seither teils vernichtende Kritik an der Tatsache, dass Trump die gewalttätigen Ausschreitungen inspiriert hatte.

Stellvertretend steht die Aussage des Multimilliardärs Stephen Schwarzman. Der Chef des Investmentriesen Blackstone, der Trump im Wahlkampf mit zweistelligen Millionensummen unterstützt hatte, erklärte, der Präsident habe den Mob mit seinen „Bemerkungen“ in Marsch gesetzt. Das rächt sich jetzt.

Konten werden aufgelöst, Online-Bezahldienst blockiert

Etliche Wirtschaftsvertreter beließen es nicht bei Worten. Twitter nahm Trump durch Sperrung nicht nur das bevorzugte Megafon, um mit rund 90 Millionen Menschen direkt zu kommunizieren, sondern auch sein wichtiges Instrument, um Spenden einzutreiben. Auch Snapchat sperrte nun seinen Account – dauerhaft.

Trumps Twitter-Konto nach Sturm auf US-Kapitol dauerhaft gesperrt

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    Der Online-Bezahldienst Stripe nimmt keine Transaktionen zugunsten des Präsidenten entgegen. Die Signature Bank in New York räumte Trumps Konten leer und gab ihm das Geld zurück. Ähnlich die Professional Bank in Florida. „Wir waren Zeugen, wie der Präsident Aufständische ermutigte und sich weigerte, die Nationalgarde zu rufen, um den Kongress zu schützen“, teilte ein Signature-Sprecher mit. Darum stelle man die Geschäftsbeziehung ein.

    Auch die Deutsche Bank sieht Trump nicht mehr länger für künftige Deals in ihrem Portfolio. Die Amerika-Chefin des Finanzinstituts, Christiana Riley, nannte die Ausschreitungen am Kapitol „eine Schande für die ganze Nation“. Pikant ist die Kritik am Präsidenten, weil Trump bei der Bank mit rund 400 Millionen Dollar in der Kreide stehen soll, für die er laut „New York Times“ persönlich haftet.

    US-Präsident Donald Trump.
    US-Präsident Donald Trump.

    Die Darlehen für mehrere Immobilienprojekte, darunter das defizitäre Trump-Hotel in der Nähe des Weißen Hauses, würden bis 2024 fällig. Ob Trump sie bedienen kann, ist nicht bekannt. „Eine Umschuldung wird schwierig“, sagte ein Analyst in Washington, „keiner will derzeit mit Trump etwas zu tun haben.“

    New York kündigt Verträge, Golfverband verlegt Turnier

    Geradezu „eingelocht“ wird Trump auch im Dunstkreis seiner Lieblingsbeschäftigung, der er während seiner Amtszeit an über 300 Tagen nachging: Golf. Der Dachverband PGA entzog Trumps Golfclub in Bedminster (New Jersey) die Ausrichtung des prestigeträchtigen „Major“-Turniers im nächsten Jahr. Das Beispiel machte Schule.

    New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio, ein Intimfeind Trumps, kündigte die Verträge der Stadt mit der Trump-Organisation für den Betrieb eines Golfplatzes in der Bronx und zweier bekannter Eislaufflächen im Central Park.

    Der finanzielle Liebesentzug der Wirtschaft trifft nicht nur Trump, sondern auch jene Kongresspolitiker, die seine Mär vom Wahlbetrug bis zuletzt unterstützt haben. Senatoren wie Ted Cruz (Texas) und Josh Hawley (Missouri), die sich gesondert für Trump exponierten, müssen mit Einbußen bei Spendengeldern rechnen.

    So legten American Express, der Hotelriese Marriott und der Krankenversicherer Blue Cross Blue Shield bereits Spenden an weit über 100 republikanische Abgeordnete auf Eis, die am 6. Januar im Kongress die erforderliche Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden hintertreiben wollten. Die Bank JPMorgan Chase, Microsoft, Facebook, Citigroup und Google wollen ihre Zuwendungen an „Political Action Committees“ (PAC) aussetzen, die Parteien und Kandidaten unterstützen.