Erfurt. Wer ist erbberechtigt und wer nicht? Beim Telefonforum unserer Zeitung beantworten Notare Fragen zum Thema Erben.

  • Notare beantworten Fragen zum Thema Erben
  • Sie erläutern, was beim Testament beachtet werden muss
  • Notare erläutern die gesetzliche Erbfolge

Wer erbt, wenn keine Kinder vorhanden sind? Ist der Lebenspartner abgesichert? Wie verhält es sich mit dem Pflichtteil und Kindern aus einer früheren Beziehung? Wer etwas zu vererben hat, möchte, dass sein Hab und Gut nach seinem Ableben in die richtigen Hände fällt. Häufig trägt die gesetzliche Erbfolge dem Willen des Erblassers nicht hinreichend Rechnung. Leserfragen zum Thema „Erbe und Testament“ beantworteten beim Telefonforum unserer Zeitung Johannes Peters aus Mühlhausen, Reinhard Rothe aus Sömmerda und Eckart Maaß aus Jena.

Notar Johannes Peters aus Mühlhausen von der Notarkammer Thüringen beantwortetet beim Telefonforum unserer Zeitung Leserfragen zum Thema
Notar Johannes Peters aus Mühlhausen von der Notarkammer Thüringen beantwortetet beim Telefonforum unserer Zeitung Leserfragen zum Thema "Erbe und Testament".  © Notarkammer Thüringen | Notarkammer Thüringen

Unser Haus soll künftig unserem einzigen Sohn gehören. Ist es besser, wenn wir es ihm schon jetzt, also zu Lebzeiten schenken, oder sollte er es besser erst nach unserem Tode erhalten?

Die Frage kann man aus juristischer Sicht nur schwer beantworten. Die Praxis des juristischen Beraters zeigt aber, dass aus einer lebzeitigen Übertragung von Grundbesitz manchmal große Probleme entstehen. Mitunter gibt es zu Lebzeiten Streit mit den Kindern oder auch mit deren Familien und man bereut, dass man sein Eigentum schon hergegeben hat.

Deshalb ist es ratsam, die Rechtsnachfolge durch eindeutige Testamente zur regeln, wenn nicht wichtige Gründe für eine lebzeitige Übertragung sprechen. Solche Gründe können etwa vorliegen, wenn Kinder investieren wollen, um in das Haus einzuziehen; dann möchten sie auch sicher sein, wirklich das Eigentum zu erlangen. Auch steuerliche Gründen können für eine lebzeitige Übertragung sprechen, weil sie es erlaubt, die bestehenden Erbschaft- und Schenkungsteuerfreibeträge effektiver auszunutzen. Weitere Gründe sind die Minimierung von Pflichtteilsansprüchen weiterer Kinder oder sonstiger Berechtigter oder der Schutz von Vermögen vor dem Zugriff sozialer staatlicher Stellen.

In allen anderen Fällen sollte man über ein sogenanntes Berliner Testament nachdenken, bei dem die Kinder erst nach dem Tode beider Eltern erben.

Notar Reinhard Rothe aus Sömmerda
Notar Reinhard Rothe aus Sömmerda © Notarkammer Thüringen | Notarkammer Thüringen

Mein Mann ist voriges Jahr verstorben und hat mich testamentarisch zur Alleinerbin eingesetzt. Wir haben keine Kinder. Nun ist auch noch seine Mutter gestorben. Sein Bruder ist alleiniger Erbe und möchte jetzt von mir einen Pflichtteil. Hat er einen Anspruch?

Ja. Zwar ist der Bruder eigentlich nicht pflichtteilsberechtigt, denn ein Pflichtteil kann nur Abkömmlingen und Ehegatten zustehen. Gibt es keine Abkömmlinge, sind auch Eltern berechtigt. Sonstige Personen haben keine Pflichtteilsansprüche.

In Ihrem Fall hat allerdings die Mutter Ihres Mannes schon Pflichtteilsansprüche beim Tode Ihres Mannes erworben. Diese Pflichtteilsansprüche hat der Bruder Ihres Mannes von der gemeinsamen Mutter geerbt. Tatsächlich stehen jetzt also dem Bruder diese Ansprüche zu. Diese muss er bei Ihnen geltend machen. Dazu hat er drei Jahre Zeit.

Ich habe ein Wohnhaus, in dem ich allein lebe. Soll ich es schon jetzt meinem Sohn übertragen, damit das Sozialamt darauf nicht zugreifen kann, wenn ich mal in ein Pflegeheim muss? Was ist, wenn dann mein Sohn mal in finanzielle Not gerät?

Wenn Sie Ihrem Sohn das Haus überlassen, können Sie es im Falle einer „Verarmung“ zehn Jahre lang zurückfordern. Falls Sie innerhalb dieser Frist Ansprüche auf staatliche Leistungen stellen, muss zunächst dieser Anspruch geltend gemacht werden. Nach Ablauf der zehn Jahre ist das Haus aber insofern sicher.

Wenn freilich Ihr Sohn in finanzielle Not gerät oder bei ihm Pfändungen erfolgen, droht dort der Zugriff auf das Haus. Derartige Zugriffe können Sie durch entsprechende vertragliche Rückforderungsansprüche erschweren. Allerdings gilt der Grundsatz, dass es keine Vermögenswerte gibt, auf die nicht bei wenigstens einer Person zugegriffen werden kann.

Notar Eckart Maaß aus Jena
Notar Eckart Maaß aus Jena © Notarkammer Thüringen | Notarkammer Thüringen

Können Nichten und Neffen den Pflichtteil beanspruchen, wenn keine Kinder da sind?

Nein. Einen Anspruch haben nur Ehegatten und Abkömmlinge. Das sind sowohl Kinder, wobei eheliche und nichteheliche gleichgestellt sind, aber möglicherweise auch Enkel. Diese treten an die Stelle eines vorverstorbenen Kindes. Hinterlässt ein Erblasser keine Abkömmlinge, haben auch dessen Eltern einen Pflichtteilsanspruch. Nicht berechtigt sind dagegen Geschwister, Nichten, Neffen, Cousins und Cousinen.

Muss ich als Erbe die Onlinekosten zahlen, die durch einen Vertrag zustande kommen und auch nach dem Tod des Erblassers weiterlaufen?

Auch wenn Ihnen Zugangsdaten fehlen, sind Sie prinzipiell verpflichtet, die Kosten zu zahlen. Denn auf den Erben als Gesamtrechtsnachfolger gehen auch die vom Erblasser abgeschlossenen Verträge über und Verträge sind einzuhalten. Diese können Sie zwar kündigen, allerdings stellt der Tod eines Vertragspartners grundsätzlich keinen Sonderkündigungsgrund dar, soweit die Vertragsbedingungen nicht etwas anderes vorsehen.

Insofern gilt für „online-Verträge“ das gleiche, wie für Verträge allgemein, außer für höchstpersönliche Verträge wie den Arbeitsvertrag. Die digitalen Dienstleister sind aber verpflichtet, dem Erben die Zugangsdaten zur Verfügung zu stellen

Ich (70) habe einen Sohn, der behindert ist, und eine Tochter aus erster Ehe. Der Sohn wohnt mit mir in meinem Haus. Wenn ich gestorben bin, soll mein Sohn mein Vermögen erhalten. Ich will aber nicht, dass staatliche Stellen darauf zugreifen können.

Um Ihre Tochter von der Erbfolge auszuschließen, müssen Sie ein Testament errichten. Der Tochter bleiben dann noch Pflichtteilsansprüche, die im konkreten Fall ein Viertel des Wertes Ihres Nachlasses betragen. Im Testament sollten Sie Ihren Sohn zum Erben einsetzen. Er darf aber nicht unbeschränkter Erbe werden, weil sich das auf seine Sozialleistungsansprüche auswirken würde. Vielmehr muss Ihr Sohn zum sogenannten Vorerben werden. Er erbt somit nur auf Lebenszeit; Nacherben mit seinem Tode werden etwa Ihre Neffen und Nichten. Dann müssen Sie Testamentsvollstreckung anordnen.

Der Testamentsvollstrecker muss angewiesen werden, Ihrem Sohn nur Werte zur Verfügung zu stellen, die ihm auch wirklich verbleiben und sich nicht auf seine Sozialleistungsansprüche auswirken. Das Ganze bezeichnet man als Behindertentestament. Wegen der Details sollten Sie einen Notar aufsuchen.

Kann ich auch Kinder zu Erben einsetzen, die noch nicht geboren sind?

Ja, durchaus. Nach dem Gesetz kann auch ein Kind erben, das gezeugt, aber noch nicht geboren ist („nasciturus“).

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