Britta Hinkel wartet auf die große Langeweile

Neulich fragt mich meine beste Freundin Pia: „Sicherst du eigentlich deine Handy-Fotos irgendwie für die Nachwelt?“

„Für welche Nachwelt?“, sag ich.

„Na ja, archivierst du die Fotos irgendwo oder druckst ab und an welche davon aus, damit die Schnappschüsse nicht im Nirvana versanden?“, sagt Pia.

„Ehrlich gesagt, krieg ich das nicht hin. Das kostet so viel Zeit und Disziplin, die bringe ich einfach nicht auf. Nur ganz selten drucke ich mal das ein oder andere Foto aus, nutze es für Karten oder so“, sag ich.

„Die Zeit der Fotoalben scheint eh vorbei zu sein?“, sagt Pia.

„Tja, das letzte Fotoalbum hab ich für mein Enkelkind vor ein paar Jahren nach einem Zoobesuch gebastelt, ziemlich aufwendig, sehr originell gestaltet, aber seitdem..., vergiss es“, sag ich.

„Ich frag mich ja immer, wie diese Generation in ein paar Jahren ihre Erinnerungen wachrufen will, wenn alles im Handy, in der Dropbox oder in irgend einer Cloud herumschwirrt, aber eigentlich nicht wirklich präsent ist“, sagt Pia.

„Offensichtlich erinnert man sich später anders als wir das noch taten. Eben nicht blätternd in Fotoalben oder Fotobüchern“, sag ich.

„Aber wie?“, sagt Pia.

„Weiß nicht und frag mich auch, wenn ich die ständig mit dem Handy fotografierenden Menschen sehe, was aus diesen Tausenden von Bildern eigentlich mal wird“, sag ich.

„Ist schon eine große Tragik in dieser schnelllebigen Zeit, so den Überblick über alle Erlebnisse, kleine und große Ereignisse zu verlieren, findest du nicht?!“, sagt Pia.

„Na ja, insgeheim hoffen wir wohl alle auf die große Langeweile, die es uns irgend wann einmal ermöglicht, endlich Ordnung in unserem digitalen Chaos zu schaffen. Aber wenn ich so recht überlege, war das ja eigentlich schon immer so. Früher galt das halt dem Schuhkarton mit den vielen Bildern – heute ist es eben der Handy-Fundus“, sag ich.