Elena Rauch über das Nein.

Einer der Standardsätze, wenn Freundinnen beim Wein ihren Alltag auseinandernehmen, geht so: Du musst lernen, Nein zu sagen! Dabei weiß jede Frau aus Erfahrung, dass dieser Rat zwar richtig, aber absolut sinnlos ist. Vor zwei Tagen zum Beispiel hatte ich meinen Netzanbieter am Telefon, die nette Frau wollte mir etwas über neue Tarifangebote erzählen. Ich hätte Nein sagen sollen, schaffte aber nur ein „vielleicht später“. Jetzt klingelt mehrmals am Tag mein Handy mit unbekannter Nummer, es nervt, ich sitze es aus und hoffe, dass sie bald aufgeben. Das habe ich davon. Und das ist nur ein mildes Beispiel. Jede Frau könnte lange Geschichte von den unangenehmen Folgen erzählen, nur weil sie nicht Nein sagen konnte. Männer haben damit gewöhnlich nicht solche Probleme.

Sicher: Ja ist das bequemere Wort. Es stiftet keine Konflikte, man muss sich nicht erklären, nicht rechtfertigen, nicht streiten. Dazu der unerklärliche Drang, es allen recht zu machen, das Helfersyndrom, Perfektionszwang: Natürlich wissen wir selbst, warum das Nein so schwer fällt. Aber es hilf nicht. Vielleicht stimmt mit dem Wort irgendetwas nicht. Das Gehirn ruft: Sag’ Nein, du weißt doch, wie das läuft, du hast gar keine Zeit, das schaffst du nicht auch noch! Da hat aber das Sprachzentrum längst ein „ja, gut“, oder „na klar“ ausgespuckt. Und selbst in den seltenen Fällen, in denen ein Nein gelingt, zweifeln wir dem Unaussprechlichen ewig hinterher: Ist er/sie jetzt enttäuscht? Halten sie dich jetzt für faul, unfähig oder überfordert?

Sophia Loren teilte einmal mit, sie könne das Wort Nein in zwölf Sprachen sagen. Vielleicht wirkt sie deshalb auch jenseits der 80 entspannt und schön. Ein Sprachtraining wäre gut. Neinneinnein. Vielleicht schafft es das Nein mal, zum Wort des Jahres gewählt zu werden, so als Ermunterung.