Gotha. Die Friedenstein-Schau „S.O.S. Grünes Herz“ will jungen Leuten den Wandel der regionalen Umwelt erläutern

Was nach Schlager klingt, betitelt lediglich die neue Jahresausstellung in Gotha: „S.O.S. Grünes Herz“ soll im Herzoglichen Museum der Friedenstein-Stiftung von diesem Wochenende an den Wandel in den regionalen, thüringischen Naturräumen anschaulich machen und auf verständlichem Niveau erklären. Schon das Design der Schau gibt zu erkennen, dass man sich damit vor allem an ein junges Publikum wendet.

„Wir verstehen uns in der Pflicht, zu dem Thema etwas zu machen“, sagte Stiftungsdirektor Tobias Pfeifer-Helke am Donnerstag. „Wir sind Gralshüter der Thüringer Natur.“ Insbesondere die historischen naturkundlichen Sammlungen des eigenen Hauses exemplarisch in den Mittelpunkt zu rücken, ist offenbar ein Ansinnen der Schau, bei deren Gestaltung man zwar mit Naturschutzverbänden, nicht aber mit namhaften Wissenschaftseinrichtungen wie den Jenaer Max-Planck-Instituten zusammengearbeitet hat.

Das Design der Schau richtet sich an junge Zielgruppen.
Das Design der Schau richtet sich an junge Zielgruppen. © W. Hirsch | Wolfgang Hirsch

Kurator Christian Göcke und seine Co-Kuratorinnen, die Volontärinnen Paula Jakob und Josephine Franke, nehmen dazu nicht allein den Klimawandel in den lokalen Fokus, sondern auch andere Phänomene wie das Artensterben oder hydrologische Änderungen. Das ist auf leicht nachvollziehbarem Komplexitätsniveau indes nicht gerade einfach.

Zum Beispiel wundert man sich Landkreis Gotha seit einiger Zeit darüber, dass in langen sommerlichen Trockenphasen die Apfelstädt trockenfällt. Ob der Klimawandel dafür Hauptursache sei oder aber menschliche Eingriffe zum Zwecke der Wasserversorgung: Da möchte sich selbst der promovierte Gewässerkundler Göcke nicht festlegen. Die Schau zeigt auch nur grundsätzlich einen schematisierten Flusslauf, dessen Fließgeschwindigkeit sich durch Begradigungen erhöht.

Die Schau fragt anhand von rund 100 Objekten – fast ausschließlich aus Gothaer Beständen – nach unserem Begriff von Natur, spürt dem Wandel in der Biodiversität an Beispielen wie den Kulturfolgern Feldhamster oder Kohlmeise nach, nennt eingewanderte Arten wie Waschbär oder Riesenbärenklau oder solche, die, ehedem aus hiesigen Landen vertrieben, nun wieder heimisch werden. Nicht alle sind bei allen willkommen, etwa der Wolf.

Beim landschaftlichen Wandel steht die agrarische Nutzung von Wäldern und Feldern durch den Menschen im Vordergrund. Man schaut auf den Thüringer Wald und die Borkenkäferplage, die klimagestressten Nadelholzbeständen zu schaffen macht. Wer die entsprechende Schublade zieht, findet einen beachtlichen Auszug aus der historischen Käfersammlung des Entomologen August Kellner: Der Gothaer Herzog kaufte diese Konvolute um 1870 an; sie gelten somit als die ältesten Thüringens. Der Hainich-Urwald und seine als Unesco-Welterbe geschützten Buchenbestände spielen nur eine randständige Rolle.

Im Zentrum der Schau steht ein Erlebnisraum mit Wildtier-Präparaten, die sich possierlich ins Ausstellungsterrain einfügen. Um Zusammenhänge zu finden, müssen große und kleine Besucherinnen und Besucher einiges schmökern und sich zusammenreimen. Der appellative Charakter der Schau – im Sinne etwa der Fridays-for-Future-Bewegung – ist offensichtlich.

28. April bis 27. Oktober, dienstags bis sonntags 10 bis 17 Uhr. Begleitpublikation mit 128 Seiten für 14,80 Euro