Weimar. Kunstfest ‘24 lockt mit mehr als 140 Veranstaltungen. Der Vorverkauf brummt

Besonders vielfältig, inklusiv und gegenwartsnah hat Weimars Kunstfest-Kurator Rolf C. Hemke das Programm fürs diesjährige Festival (21. August bis 8. September) gestaltet. Am Freitag stellte er seine schillernde Wundertüte aus mehr als 140 Veranstaltungen vor, der Vorverkauf läuft. Einen auffälligen Akzent setzt der gewiefte Dramaturg auf die in die Festivalzeit fallende Landtagswahl: Unter gebotener Parteien-Neutralität soll Kunst dazu animieren, demokratisch vom noblen Bürgerrecht Gebrauch zu machen.

Rolf C. Hemke kuratiert das Kunstfest Weimar.
Rolf C. Hemke kuratiert das Kunstfest Weimar. © W. Hirsch | Wolfgang Hirsch

Für die Aktion „Kunst schafft Demokratie“ hat Hemke gleich 300 Großflächenplakate kreuz und quer durch Thüringen vorgesehen, die allesamt von Künstlern gestaltet werden; eine Zusammenschau aller Werke werde immerhin per Internet glücken, tröstet er. Fest verortet auf dem Theaterplatz verspricht Performance-Filou Schorsch Kamerun zwei Wochen lang klingende Wahlmotivationshilfe.

Dazu hat er sich stimmlicher Unterstützung durch zwei frühere Jenaer Theaterleute versichert: Die multitalentierte Filmikone Sandra Hüller und Comedian René Marik koalieren täglich, 18.30 Uhr, in halbstündigen Gesangs-Nummern mit ihm und kulminieren pünktlich am 31. August zur Wahlerinnerungs-Gala „Come as you are“. „Wir wollen jeden Tag Musik machen“, droht Kamerun, „ganz schlimm avantgardistisch!“

Zur Kunstfest-Eröffnung gehört der von den in Bronze erstarrten Dichtern dominierte Theaterplatz hingegen der mixed-able Forward Dance Company aus Leipzig, die zu einer dekonstruierten Elektro-Version von Orffs „Carmina Burana“ tanzt. Sehr klassisch dagegen musiziert zuvor das Kyiv Symphony Orchestra aus Gera das Mozart-Requiem im obligatorischen „Gedächtnis Buchenwald“-Konzert.

Jenseits hiesiger Anlässe zieht das Kunstfest einen weiten internationalen Radius von Fernost bis Lateinamerika, am auffälligsten in den Tanz- und Performance-Sparten. Gleich sechs Produktionen hat Hemke aus Taiwan verpflichtet, angeführt vom famose Cloud Gate Dance Theatre über das indigene Tjimur Dance Theatre bis hin zum körperintensiven One-Woman-VR-Projekt „Sister Lin-Tou“. Anne Teresa de Keersmaker, Grande Dame der europäischen Tanzszene, ist solo in Live-Begleitung mit Bachs Goldberg-Variationen zu Gast.

Im Schauspiel bringt die Uraufführung von Guillermo Calderóns „Vaca“ aus Chile internationales Flair; „Das nackte gute Leben 2.0“ schaut von Berlin gen Beirut und „Océan“ aus Straßburg gemeinsam mit der ganzen Familie auf den Meeresgrund. Theater-Fans aber lassen sich gewiss nicht die lebende Theater-Legende Roberto Ciulli entgehen, der mit Eva Mattes gemeinsam Navid Kermanis „S wie Schädel“ uraufführt.

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Die Konzerte bieten für jeden Geschmack etwas: Wer Stewart Copelands Rock-Revival „Police deranged for Orchestra“ im Weimarhallenpark oder die beiden Auftritte Martin Kohlstedt als Local Hero, den zeitgenössischen „Mindfuck“ der via-nova-Strategen oder die Nacht der Thüringer Jazzmeile für Innenstadtschwärmer verschmäht, wärmt vielleicht die alte Liebe zum Musical-und Chanson-Star Ute Lemper wieder auf. Und Keimzeit spielt in der Rambazambabar.

Bemerkenswert hochkarätig und reflexiv sind die Diskursformate, die zum Teil Volkhard Knigge betreut. Ein Kunstprojekt Anna Talens‘ erinnert an die Brandkatastrophe der Anna-Amalia-Bibliothek.

www.kunstfest-weimar.de