Gera. Der Museumsleiter des Geraer Museums für Angewandte Kunst, Hans-Peter Jakobson, ist im Alter von 72 Jahren in Gera gestorben.

In Gera hat er das Museum für Kunsthandwerk, heute Museum für Angewandte Kunst, aufgebaut. In Thüringen leitete er von dessen Gründung bis 2003 den Museumsverband. Für alles, was die zeitgenössische deutsche Keramik betrifft, war er ein gefragter Experte. Bis kurz vor seinem Tod war er als Kurator und Kritiker tätig, hat Kunst gesammelt und verteidigt. Von Jugend an malte er, öffentlich gezeigt hat er seine Bilder aber selten, meist zusammen mit den Fotografien seiner Frau Monika. Er kannte Hinz und Kunz, war ein begnadete Erzähler, unbestechlicher Zeitzeuge, treuer Freund und gütiger Mensch. Vergangene Woche ist Hans-Peter Jakobson in Gera gestorben.

Ohne ihn gäbe es in Gera vielleicht ein Museum weniger. Nicht nur, weil es Anfang der 80er-Jahre der frisch gebackene Kulturwissenschaftler Jakobson ist, der hier ein Museum für Kunsthandwerk in Gera aufbauen soll. Er kniet sich in die Arbeit, doch als es 1984 öffnet, wird ein anderer Museumsdirektor. Das ist nicht der erste Rückschlag in seiner Karriere.

Ein Jahrzehnt lang versuchen Stasi und ein Dutzend Inoffizielle Mitarbeiter, ihn als Staatsfeind zu überführen. Dabei ist der 1947 in Wittenberge geborene junge Mann, als er 1961 nach Gera kommt, nur wissbegierig, kontaktfreudig und kunstinteressiert. Schon bald besuchen der 16-Jährige und Monika den ins Abseits gedrängten Maler Herbert Enke. Es beginnt eine lebenslange Freundschaft mit diesem bedeutenden Künstler.

Die Leitung der Kleinen Galerie Gucke war die Erfüllung eines Lebenstraums

Hans-Peter Jakobson hat die Erweiterte Oberschule abgebrochen, arbeitet im Betrieb seiner Schwiegermutter und studiert daneben Ingenieurökonomie. Ein wichtiger Weichensteller Richtung Kunst ist der charismatische Kreissekretär des Kulturbundes Greiz Ibrahim Böhme. Auch Jakobson wird Kulturbundkreissekretär, in Gera-Land. Als er die gerade eröffnete Kleine Galerie Gucke in Bad Kös-tritz leiten darf, erfüllt sich ein Lebenstraum. Doch der endet bereits 1975 mit der dritten Ausstellung. Der junge Jenaer Maler Gerd Sonntag soll seine großformatigen Bilder zeigen. Zur Eröffnung lädt Jakobson Jürgen Fuchs, Bettina Wegner und Gerulf Pannach nach Bad Kös-tritz ein. Am Tag darauf wird der 27-jährige Galerieleiter abgesetzt. Er ist Vater von drei kleinen Kindern, arbeitslos, darf das Studium in Berlin nicht antreten und findet erst ein Dreivierteljahr später eine Anstellung im Geraer Wohnungsbaukombinat. Das delegiert ihn dann doch noch zum Studium der Kulturwissenschaft.

Die Jakobsons ahnen, dass sie bespitzelt werden. Zu viele Pläne scheitern auf unerklärliche Weise. Doch Jakobson lässt sich nicht von seinem Traum abbringen. Er schließt sein Studium ab, wird in den Künstlerverband aufgenommen, darf nun freiberuflich als Kurator und Kritiker arbeiten und sogar ein Museum aufbauen.

Als sein Chef von einer Dienstreise in den Westen nicht zurück kommt, wird Hans-Peter Jakobson Direktor des Museums für Kunsthandwerk. Sich mit Kompetenz und Leistung gegen Bosheit und Betonköpfe behauptet zu haben, erfüllt ihn mit Genugtuung. Unter seiner Leitung wird das Haus zum Museum für Angewandte Kunst um-, die Sammlung ausgebaut. Jakobson holt großartige Ausstellungen nach Gera. Das spricht sich herum und die Stadt erhält bedeutende Schenkungen wie etwa die Sammlung Welle.

Ein unbeirrter Streiter für das Museum im Ferberschen Haus

Doch sich auf Lorbeeren ausruhen, ist im Lebensweg von Hans-Peter Jakobson offenbar nicht vorgesehen. Bereits im Ruhestand, streitet er unbeirrt für den Erhalt des Museums im Ferberschen Haus und ist trotz seiner Krebserkrankung stets begeisternd und gut gelaunt unterwegs als Kurator, Laudator und Autor.

Noch zehn weitere Jahre hätte er so gern für seine vielen Ideen und Pläne, hat er sich im Dezember gewünscht... Sie waren ihm und uns nicht vergönnt.