Erfurt. In Thüringen können seit einem halben Jahr auch Single-Frauen mit Kinderwunsch behandelt werden. Die Landesärztekammer hat dafür den Weg frei gemacht.

Thüringen ist eines von nur fünf Bundesländern, in denen auch die Kinderwunschbehandlung von gleichgeschlechtlichen weiblichen Paaren bezuschusst wird. Wie ein Sprecher von Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) mitteilt, haben seit Anfang 2022 lesbische Paare, die ohne medizinische Hilfe kein Baby bekommen könnten, die Möglichkeit, eine Förderung bei der zuständigen Stiftung Hand in Hand beantragen. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Paare in einer Ehe, einer eingetragenen Lebenspartnerschaft oder einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenleben.

Im vergangenen Jahr habe allerdings noch kein lesbisches Paar einen Zuschuss für die Kinderwunschbehandlung beantragt. Mögliche Gründe aus Sicht des Jenaer Reproduktionsmediziners Andreas Fritzsche: Zum einen sei diese Fördermöglichkeit noch zu wenig bekannt, zum anderen werde eine künstliche Befruchtung mit Spendersamen nur dann gefördert, wenn sie im Labor erfolge. „Diese Form ist aber in den wenigsten Fällen notwendig“, sagt Fritzsche. Meistens genüge die Übertragung der Samenzellen direkt in die Gebärmutter.

Förderung bis zum vollendeten 42. Lebensjahr

Eine Förderung gleichgeschlechtlicher weiblicher Paare mit Fruchtbarkeitsstörungen wird außer in Thüringen nur in Rheinland-Pfalz, Berlin, Bremen und im Saarland angeboten. Da der Bund Beihilfen nur für heterosexuelle Paare bereitstellt, müssen diese Bundesländer die Zuschüsse für andere Zielgruppen selbst aufbringen. Anders als in anderen Bundesländern dürfen in Thüringen auch Frauen, die älter als 40 sind, Beihilfen beantragen. Zuschüsse sind möglich bis zum vollendeten 42. Lebensjahr.

Thüringen stellt in diesem Jahr 400.000 Euro für Kinderwunschbehandlungen bereit. Im vergangenen Jahr kamen nach Ministeriumsangaben 486 Paare in den Genuss einer Förderung, insgesamt wurden rund 320.000 Euro ausgezahlt. Das waren fast 60.000 Euro mehr als 2021.

Alleinstehende Frauen tragen Kosten selbst

Land und Bund gewähren Zuschüsse für maximal vier Behandlungszyklen, wenn die Antragsteller ihren gemeinsamen Hauptwohnsitz in Thüringen haben und die Behandlung in einem Zentrum in Thüringen oder in einem der angrenzenden Bundesländer erfolgt. Je nachdem, welche der beiden möglichen Methoden für die künstliche Befruchtung gewählt wird, steuert der Staat für den ersten bis dritten Versuch maximal 800 oder 900 Euro zur Deckung des Eigenanteils bei, beim vierten Versuch sind es höchstens 1600 beziehungsweise 1800 Euro.

Seit Oktober 2022 können in Thüringen auch alleinstehende Frauen mit Kinderwunsch behandelt werden. Die Landesärztekammer hat dazu eine Musterrichtlinie der Bundesärztekammer in eigenes Kammerrecht überführt. Gleichwohl bleibt die assistierte Reproduktion bei Solo-Müttern eine Privatleistung und hänge damit auch vom Geldbeutel ab: „Die rein ärztlichen Kosten sind aber gering“, beruhigt Andreas Fritzsche.

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