Erfurt. Vor allem bei Essstörungen unter jungen Frauen gibt es einen massiven Anstieg in Thüringen. Dies geht aus dem neuen Krankenhausspiegel hervor.

Vor allem bei jungen Frauen ist im vergangenen Jahr laut einer Klinik-Übersicht ein Anstieg bei der Behandlung wegen psychischer Erkrankungen in Thüringer Krankenhäusern verzeichnet worden. Insbesondere mehr Mädchen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren hätten 2022 im Vergleich zu 2019 wegen Depressionen und Angststörungen stationär aufgenommen werden müssen, sagte der ärztliche Direktor der Helios-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Hildburghausen, Silvius Fehler, am Mittwoch in Erfurt bei der Vorstellung des aktuellen Krankenhausspiegels.

Massiver Anstieg bei Essstörungen

Massiv sei auch die Zahl der jungen Frauen gestiegen, die wegen Essstörungen stationär behandelt worden seien. Bundesweit seien 2022 etwa 50 Prozent mehr 15- bis 17-Jährige als 2019 betroffen gewesen. Für Thüringen sei der Trend vergleichbar, sagte Fehler. Auch andere Fachmediziner machten deutlich, dass in den vergangenen Jahren deutlich mehr Menschen als in der Vergangenheit wegen psychischer Erkrankungen Hilfe bei ihnen gesucht haben. Gesamtzahlen hierzu liegen den Angaben zufolge nicht vor.

Über den Krankenhausspiegel machen nach Angaben der Landeskrankenhausgesellschaft derzeit 29 Kliniken mit 35 Standorten im Freistaat transparent, in welcher Qualität sie bestimmte Behandlungen durchführen. Die Kliniken, die sich am Krankenhausspiegel beteiligen, verfügten über etwa 80 Prozent der im Freistaat vorhandenen Krankenhausbetten, hieß es.

Informationen über Webseite

Ab diesem Jahr sind über die Webseite des Krankenhausspiegels erstmals auch Informationen zu Behandlungsmöglichkeiten von psychischen Erkrankungen im Freistaat zu finden. Unter anderem sind so mehrere interaktive Thüringen-Karten online, auf denen Betroffene oder deren Angehörige sehen können, welche ambulanten Einrichtungen, welche Tageskliniken und welche vollstationären Einrichtungen im Freistaat entsprechend erkrankte Menschen behandeln.

Die Gründe dafür, dass deutlich mehr junge Frauen als in der Vergangenheit unter psychischen Erkrankungen litten, seien noch nicht abschließend geklärt, sagte Fehler. Es sei aber naheliegend, dass dieser Trend mit der Corona-Pandemie zusammenhänge. Insgesamt zeigten Zahlen der Krankenkassen, dass Menschen immer häufiger wegen psychischer Störungen krankgeschrieben würden. Die Anzahl der sich daraus ergebenden Fehltage von Beschäftigten habe sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre um mehr als 50 Prozent erhöht.

Menschen in Notsituationen erhalten in Thüringen sofortige Unterstützung

Die ärztliche Direktorin des Ökumenischen Hainich Klinikums Mühlhausen, Katharina Schoett, sagte, wer in Thüringen in einer Notsituation Unterstützung brauche, erhalte sie - und zwar sofort. "Akut immer." Auf einen Therapieplatz etwa in einer Tagesklinik, die auf die Behandlung von psychisch Kranken spezialisiert sei, müssten Betroffene aber oft mehrere Wochen warten. Grundsätzlich sei es sinnvoll, dass auch psychische Kranke zuerst ihren Hausarzt aufsuchten.

Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) sagte, dass zuletzt deutlich mehr Menschen etwa wegen Depressionen oder Angststörungen behandelt wurden, habe auch damit zu tun, dass mehr Betroffene im Hilfssystem angekommen seien. Das Ziel müsse sein, dass noch mehr von ihnen von den vielfältigen Hilfsangeboten wüssten.

Auch Fehler sagte, ein Teil der steigenden Patientenzahlen im Bereich der psychischen Erkrankungen sei darauf zurückzuführen, dass solche Krankheitsbilder früher nicht ausreichend erkannt worden seien. "Wir haben ganz sicher zu wenig diagnostiziert", sagte er. Immer wieder seien in der Vergangenheit solche Diagnosen auch vermieden worden, weil Menschen oder Ärzte damit verbundene Stigmatisierungen hätten verhindern wollen.