Berlin. In einem knapp einstündigen Video rechnet ein Youtuber mit der Politik der Bundesregierung ab. Die Resonanz ist riesig. Zu Recht.

Die Ankündigungen klingen vollmundig. Er wolle in seinem Video zeigen, „wie CDU-Leute lügen, wie ihnen grundsätzliche Kompetenzen für ihren Job fehlen, wie sie gegen deutliche Expertenmeinung Politik machen“, sagt Rezo, seines Zeichens einer von Deutschlands bekanntesten Youtubern. Entsprechend plakativ ist auch der Titel seines neusten Werks: „Die Zerstörung der CDU“.

Ja, ja, könnte man nun voller Vorurteile über die Generation Influencer einwerfen, sicher wieder so ein Heini, der sich bloß wichtig machen will. Der einfach Spaß daran hat rumzupöbeln, gegen alles und jeden. Aber der seine Meinung bestimmt nicht mit Fakten unterfüttert, so wie der schon aussieht in seinem orangefarbenen Hoodie und blau gefärbten Haaren.

Könnte man sagen, ja. Aber dann läge man ziemlich daneben.

Denn was der 26-Jährige aus Wuppertal da abgeliefert hat, sind alles andere als stumpf rausposaunte Parolen. Es ist eine knapp einstündige Abrechnung mit der Politik von CDU/CSU und der diese mittragenden SPD, basierend auf 252 Quellen, darunter zahlreiche wissenschaftliche Studien, alle fein säuberlich und transparent aufgelistet in einem 13-seitigen Google Doc, das Rezo unter dem Video verlinkt hat.

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Youtuber Rezo zeigt Missstände auf – und liefert viele Belege

Während seines Parforceritts durch die aus seiner Sicht verschiedensten Verfehlungen aus Sozial-, Bildungs-, Klima-, Drogen-, Digitalisierungs- und Außenpolitik rauschen die Quellenangaben nur so durchs Bild. Diese Belege seien es auch, die das Wort „Zerstörung“ im Videotitel rechtfertigten. Die Fakten sprächen einfach dafür, „dass die CDU damit sich selbst, ihren Ruf und ihr Wahlergebnis zerstört“, so Rezo.

Besonders anschaulich wird das, als er auf den Klimawandel zu sprechen kommt. Noch vor ein paar Wochen habe er gedacht, der Kampf dagegen laufe sicher nicht optimal, aber ganz so schlimm werde es schon nicht sein. „Dann habe ich recherchiert und was ich dabei rausgefunden habe, war f*** heftig.“

Klimawandel: Nur noch weniger als neun Jahre Zeit

Nicht nur habe die Bundesregierung ihre eigenen Ziele bei der CO2-Reduktion verfehlt, sie trete auch aus Rücksicht auf vergleichsweise wenig Jobs in der Kohleindustrie auf die Bremse und halte diesen überholten Wirtschaftszweig künstlich durch Subventionen am Leben. Und das entgegen den Ergebnissen von 99,3 Prozent aller wissenschaftlichen Studien.

362.336.411.324 Tonnen CO2 konnten laut dem Mercator Research Institute zum Zeitpunkt der Video-Veröffentlichung noch weltweit aufgebraucht werden, wenn das 1,5-Grad-Ziel erreicht werden soll, das bei der Erderwärmung nicht überschritten werden darf. Bliebe es beim jetzigen Tempo, wäre dieses Budget in weniger als neun Jahren am Ende.

Rezos Video strotzt vor Empörung – gut so!

Man kann es polemisch finden, wenn Rezo Dinge sagt wie „Ziele setzen und nicht einhalten, ist doch kein Verhalten für ‘ne Bundesregierung! (...) Das ist was, was wir alle an Silvester machen, aber dafür brauch’ ich doch nicht jemanden bezahlen.“

Man kann einwenden, dass all das nicht neu ist. Man kann kritisieren, dass manche in seinen Augen schlechte Entscheidungen nun mal dem demokratischen Prozess geschuldet sind, der ohne Kompromisse nicht auskommt.

Aber genauso muss man ihm allein schon aus Vernunft und Logik immer wieder zustimmen. Man kommt nicht umhin, die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen – etwa wenn Rezo mit Einspielern von Interviews des Youtube-Kollegen Tilo Jung die bestenfalls schlechte Vorbereitung und schlimmstenfalls Inkompetenz der Drogenbeauftragten der Bundesregierung aufzeigt. Und man muss vor allem eins: seine Empörung bewundern.

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Rezos CDU-Video über 3 Millionen Mal geklickt

„Fridays for Future“, die Demonstrationen gegen das umstrittene EU-Urheberrecht – die Jugend ist endlich wieder politisch, setzt der Lethargie der Vorgänger-Generationen, die ihnen die Probleme eingebrockt haben, leidenschaftliches Engagement entgegen.

Wie sehr Rezos Polit-Rant bei ihnen resoniert, zeigen allein schon die Klickzahlen des Videos: Mehr als 3 Millionen Mal wurde es seit Samstag aufgerufen, 73.000 Mal kommentiert (Stand Mittwochmittag, 22. Mai 2019). Und das von einer Zielgruppe, die die anderen Parteien, wenn überhaupt, nur schwer erreichen.

„Ihr sagt doch immer, dass die jungen Leute mehr Politik machen sollen“

Man sollte dem Youtuber, dessen Kernkompetenzen bisher eher in den Bereichen Comedy und Musik verortet waren, daher dankbar sein. Dankbar, dass er den politischen Diskurs öffnet – auch wenn das vor allem für die regierenden Parteien mehr Arbeit bedeuten dürfte.

„Ihr sagt doch immer, dass die jungen Leute mehr Politik machen sollen“, sagt Rezo gegen Ende des Videos. „Ja, dann kommt auch damit klar, wenn die jungen Leute eure Politik scheiße finden!“