Die Hitliste des Streamingdienstes Spotify zeigt, dass die Menschen im Landkreis am liebsten internationale Ohrwürmer hören. Aber auch Konzerte vor Ort treffen den Musikgeschmack.

Wir wissen, dass wir damit kein Geld verdienen, aber wir können unsere Musik einem breiteren Publikum präsentieren“, sagt Matthias Brückner, der Schlagzeuger der Mühlhäuser Band Henningway. Die fünf Musiker veröffentlichten ihre beiden bisher erschienenen Alben auch über Streamingdienste wie zum Beispiel Spotify – „und das ganz bewusst“, so Brückner. „Musik zu streamen ist doch auch praktischer. Keiner schleppt einen CD-Player mit sich herum. Fürs Streamen braucht es nur ein Handy. Und das hat heute jeder immer dabei“, ergänzt Gitarrist David Heidenreich. Er nutzt den Anbieter Spotify selbst täglich. Dabei hört er auch die Musik seiner eigenen Band – zum Üben. „Ich lasse unsere Songs über Spotify laufen und spiele Gitarre dazu“, sagt Heidenreich.

Auch Matthias Brückner sieht neben der größeren Reichweite einen weiteren praktischen Vorteil, vor allem in der gebührenfreien Version von Spotify. „Wenn wir uns bei Veranstaltern von Musikevents bewerben, kann ich einfach einen Internet-Link per E-Mail schicken“, sagt Brückner. Eine CD auf dem Postweg zu versenden, dauere einfach zu lange und sei nicht mehr zeitgemäß.

Musikstreaming erfreut sich besonders bei der jüngeren Generation steigender Beliebtheit. 69 Prozent der 14- bis 29-Jährigen in Deutschland hören mindestens einmal wöchentlich Musik über Anbieter wie Spotify, Apple Music, Deezer und Co. Um herauszufinden, welche Musik gerade bei den Menschen im Unstrut-Hainich-Kreis angesagt ist, kann man zum Beispiel die Hitliste des größten Anbieters Spotify zu Rate ziehen. Der Streamingdienst aus Schweden bietet den laut eigenen Angaben etwa 207 Millionen Nutzern auf der ganzen Welt über 30 Millionen verschiedene Songs an. Die Songs können Nutzer entweder mit einem kostenpflichtigen Abonnement uneingeschränkt oder mit der gebührenfreien Version und einigen Einschränkungen anhören.

Im vergangenen Jahr war laut Spotify-Ranking der israelische Musiker Dennis Lloyd mit seinem Song „Nevermind“ im Unstrut-Hainich-Kreis am beliebtesten, belegte in Mühlhausen Platz 1 und in Bad Langensalza Platz 3. Auf Platz 1 der Hitliste von Langensalza steht der litauische Musikproduzent Dynoro mit „In my Mind“. Er kam im ganzen Land gut an, denn auch beim Streaming für ganz Thüringen steht Dynoro auf Platz 1. Damit spiegelt sich im Freistaat ein weltweiter Trend wider. „In my Mind“ wurde allein bei Spotify bisher mehr als 526 Millionen Mal angehört. In Mühlhausen steht Dynoro allerdings nicht mal unter den ersten zehn.

Von einer solchen Popularität, wie sie Dynoro und Dennis Lloyd genießen, sind Künstler aus dem Unstrut-Hainich-Kreis weit entfernt. Und trotzdem nutzen viele Bands mittlerweile Streamingdienste, um ihre Musik zu verbreiten. „So richtig lohnt sich das aber nicht“, sagt der Musiker Arnd Küllmer. Zusammen mit Christian Möhr­stedt und Frank Jaritz bildet er die Band Alphablock aus Bad Langensalza. Im November vergangenen Jahres stellte das Trio sein erstes Album „Montagskino“ vor. Die sechs selbst geschriebenen Songs finden sich auch im Musikbestand von Spotify. Das Hauptaugenmerk bei der Verbreitung der Alphablock-Songs solle auf der „guten alten CD“ liegen, so Küllmer. „Aber heutzutage kommt man um diese ganzen Streamingdienste ja nicht mehr drumrum.“ Musikhören sei bei den Menschen nach wie vor ein riesiger Freizeitfaktor. „Die Nutzer sind allerdings bequem geworden. Wenn man möchte, dass die eigene Musik gehört wird, muss man mit der Zeit gehen und sich auf diese neue Art des Musikhörens einlassen“, meint Küllmer.

Steht eine Band unter Vertrag, wird Musik automatisch online vermarktet

„Man rutscht da so rein“, sagt auch Lars Buchenau von der Band Kimkoi. „Wenn man den Zahlen auf diesen Plattformen vertrauen kann, hören doch schon einige unsere Musik online“, so der Musiker. Es sei aber doch der geringere Teil. Die meisten Kimkoi-Fans gingen eher auf die Konzerte der Band oder kaufen die CDs. Stehe eine Band aber bei einem Label unter Vertrag, werde die Musik eben auch bei Streamingdiensten im Internet vermarktet, so Buchenau.

Auf der Spotify-Top-Ten des Unstrut-Hainich-Kreises stehen vor allem Hip-Hop-Titel. Der Musikgeschmack der Menschen im Landkreis ist allerdings weitaus vielschichtiger. Das zeigt zum Beispiel eine Auswertung der im vergangenen Jahr verkauften Karten des Ticketshops Thüringen, der zur Mediengruppe Thüringen gehört. Beliebt waren bei den Kartenverkäufen vor allem Auftritte deutscher Musiker und Konzerte, die in der näheren Umgebung stattfinden. Auf Platz 1 steht zum Beispiel eine Weihnachtsshow in Mühlhausen, moderiert von den Schlagersängerinnen Anita und Alexandra Hofmann.

Auch eine kleine Umfrage unter Politikern zeigt, wie vielfältig der Musikgeschmack im Landkreis ist. Landrat Harald Zanker (SPD) gab zu, von den in Bad Langensalza und Mühlhausen jeweils ersten drei platzierten Spotify-Songs lediglich „In my Mind“ von Dynoro zu kennen. „Die anderen Titel hat mir meine Frau vorgespielt. Die kenne ich eher nicht.“ Zanker nutze keinen Streamingdienst. Er höre eher auf „traditionelle“ Art Musik: über Radio, CD und Schallplatte. Auf der persönlicher Favoritenliste stand im vergangenen Jahr nichts aktuelles. „Calm after the storm“ der niederländischen Band Common Linnets nennt er als sein Lieblingslied in 2018. „Und die Alben der Fernsehserie Game of Thrones“, so der Landrat.

Bad Langensalzas Bürgermeister Matthias Reinz (parteilos) hatte vergangenes Jahr kein Lieblingslied. „Es wird das angehört, was gut klingt“, sagt er. Wenn er Musik höre, dann über den Streamingdienst Apple Music. Auch Reinz kennt aus der Spotify-Hitliste nur Dynoros „In my Mind“. Mühlhausens Oberbürgermeister Johannes Bruns (SPD) sind die Titel wiederum bekannt. Er sei bekennender Radiohörer. „Wenn sie im Radio laufen, begleiten sie mich hinterher schon öfter mal als Ohrwurm“, sagt er. Einen klaren Favoriten habe er aber nicht.