Die antike Stadt Fregellae wurde vom Römischen Reich brutal ausgelöscht. Archäologen forschen hier nach dem Horror der Belagerung.

Das Römische Imperium galt nicht gerade als zimperlich. Blutige Gladiatorenkämpfe, Kreuzigung von Aufständischen und die Versklavung der unterworfenen Völker, all das war Routine für die antike Kultur, die auch die Fußbodenheizung, das Aquädukt und den modernen Kalender erfand. Zu einer der gewalttätigeren Episoden der römischen Geschichte haben Archäologen nun in Italien eine spannende Entdeckungen gemacht.

Forscher des Leibniz-Zentrums für Archäologie untersuchten die Überreste der Stadt Fregellae, die 125 v. Chr. von dem römischen Heer vernichtet wurde. Auf dem Gebiet der nur 100 Kilometer von Rom entfernten Siedlung erhofften sie sich, mehr Einblicke in die römische Kriegsführung zu erhalten. Auf 285 Quadratmetern gruben die Archäologen nach Hinweisen auf das Schicksal Fregellaes. Allein in diesem Abschnitt fanden sie unter anderem die Mauerreste einer landwirtschaftlichen Produktionsanlage sowie eines weiteren, nicht näher bestimmten Gebäudes.

Doch die Funde mehrerer Vorratsgefäße seien laut einem Statement viel entscheidender für die Rekonstruktion der Belagerung. „Wir haben eine regelrechte Schnappschussaufnahme der Zerstörung entdeckt“ so der Projektleiter Prof. Dr. Dominik Maschek. "Durch den Fund der Vorratsgefäße sind wir uns sicher, dass die Zerstörung dieses Gehöfts auf einen Schlag erfolgt sein muss." So seien die Behälter durch eine plötzliche Krafteinwirkung zerstört worden, die auf den Überfall der Römer hindeutet.

CSI-Rom: Die Spuren zerstörter Vorratsgefäße deuten auf eine plötzliche Gewalteinwirkung hin. Die Archäologen sehen darin den entscheidenden Hinweis auf die Zerstörung der Stadt.
CSI-Rom: Die Spuren zerstörter Vorratsgefäße deuten auf eine plötzliche Gewalteinwirkung hin. Die Archäologen sehen darin den entscheidenden Hinweis auf die Zerstörung der Stadt. © LEIZA / Dominik Maschek

Konfliktarchäologe analysiert den Schlachtplan der Römer

Zu welcher genauen Jahreszeit des Jahres 125 v. Chr. der Angriff erfolgte, sollen archäobotanische Untersuchungen ermitteln. Diese können den Erntestand von pflanzlichen Rückstände feststellen und damit den genauen Zeitpunkt der römischen Belagerung eingrenzen. Wie genau die Römer Fregellae belagerten, konnten die Archäologen anhand der Spuren von starker Hitzeeinwirkungen im Umland der Stadt ablesen. Diese deuten auf Lagerfeuer und strategisch organisierte Zeltplätze einzelner römischer Militäreinheiten hin.

„Um Fregellae von der Außenwelt zu isolieren und wahrscheinlich zunächst einer Versorgungsnot zu überlassen, ist die Stadt vom römischen Heer regelrecht eingekesselt worden" erklärt der Konfliktarchäologe Dominik Maschek die Strategie der römischen Soldaten. Auf die Belagerung folgte demnach die Zerstörung von Fregellae. "Da wir hier auffällig wenig Metall gefunden haben, gehen wir davon aus, dass auch großräumige Plünderungen stattgefunden haben müssen", so Maschek.

Rom, das damals noch Republik war, und Fregellae waren lange Bundesgenossen. Als den Einwohnern von Fregellae jedoch die römischen Bürgerrechte verwehrt wurden, rebellierten sie gegen die mächtige Partnerstadt. Fregellae war als Kontrollpunkt in einem wichtigen Flusstal strategisch wichtig für die Römer. Dementsprechend schnell wurde sie von der römischen Armee belagert – und zerstört. Die Mauern wurden abgetragen, Fregellae war von nun an ein Dorf. Viele Überlebende mussten sich an anderer Stelle niederlassen.

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Römer waren Meister der Belagerungskunst

Fregellae muss eine wohlhabende Stadt gewesen sein, bevor die Römer sie dem Erdboden gleichmachten. So fanden die Archäologen in der Ausgrabungsstätte unter anderem die Überreste von Wandmalereien, Heiligtümern, Bodenmosaiken und öffentlichen Bädern, die wohl mutwillig zerstört worden sind. Die Forscher des Leibniz-Zentrums wollen vor allem herausfinden, wie sich eine solche Belagerung auf die Gegend um die Stadt von Fregellae ausgewirkt haben muss. Dazu werden die Ausgrabungen im Sommer 2024 fortgesetzt.

Die antiken Römer waren Meister der Belagerungskunst. Mit fortschrittlichen Konstruktionen wie Ballisten, Belagerungstürmen oder Katapulten bezwangen sie die Mauern fast jeder Stadt. Auf die sorgfältig geplante Belagerung folgte oftmals die brutale Plünderung der eroberten Siedlungen.

So wurde der einst mächtigste Rivale Roms, die Stadt Karthago, fast drei Jahre lang belagert, bevor die Römer endlich 146 v. Chr. die Stadtmauern überwinden konnten. Sechs Tage lang "säuberten" die Römer Karthago vom Widerstand der Karthager, erst am siebten Tag machten sie Gefangene. Karthago war wie so viele andere Städte von der römischen Kriegsmaschinerie bezwungen worden.

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