Berlin. Forscher hielten die Fossilien einer winzigen Schildkrötenart lange für eine Pflanze – und benannten sie deshalb nach einem Pokémon.

Als sich zwei kolumbianische Forscher vermeintliche Pflanzenfossile genauer anschauen wollten, staunten sie nicht schlecht. Denn was jahrzehntelang für eine längst ausgestorbene Pflanzenart gehalten wurde, will sich so gar nicht klassifizieren lassen. Die Blattform passt zu keiner bekannten Pflanze. Erst ein Kollege erlöst sie von ihrem Rätselraten. Denn bei den Fossilien handelt es sich um keine Pflanzen, sondern um Schildkröten.

Die zwei rund fünf Zentimeter großen Fundstücke seien demnach die Innenseite von Schildkrötenpanzern, deren Muster fälschlich mit Blättern verwechselt wurde. Eine im Fachjournal „Palaeontologia Electronica“ veröffentlichte Studie datierte die Fossilien auf die frühe Kreidezeit vor etwa 132 bis 113 Millionen Jahren.

„Es war wirklich überraschend, diese Fossilien zu finden“, sagte Héctor Palma-Castro, Co-Autor und Student der Paläobotanik an der Nationalen Universität Kolumbiens, in einem Statement. Wegen ihrer ungewöhnlichen Geschichte benannten die Forscher die zuvor unbekannte Schildkrötenart nach einem Pokémon.

Vorzeitliche „Pokémon-Schildkröten“ könnten bis zu 4,5 Meter lang gewesen sein

Turtwig“ ist ein Pokémon, halb Pflanze, halb Schildkröte – und deshalb der perfekte Spitzname für die versteinerte Schildkrötenart, die so lange als Pflanze in den Archiven lag. „Im Pokémon-Universum gibt es das Konzept, zwei Elemente wie zum Beispiel Tiere, Maschinen oder Pflanzen zu vereinen“, sagte Edwin-Alberto Cadena, Co-Autor der Studie und Paläontologe, in dem Statement. Nur wenige Pokémon würden sich so sehr anbieten wie Turtwig, eine Babyschildkröte, der ein Blatt aus dem Kopf wächst, erklärt Cadena die Namensgebung.

Besonders interessiert waren die Forscher an dem Alter der kleinen Schildkröten, das sie anhand der Dicke und des Musters des Panzers analysierten. Demnach seien sie zum Zeitpunkt ihres Todes nicht älter als ein Jahr gewesen, ein sehr seltenes Alter von Schildkrötenfossilien, wie Cadena versicherte. „Wenn die Schildkröten sehr jung sind, sind ihre Knochen und Panzer sehr dünn, können also leicht zerstört werden“, erklärte er.

Die Schildkröten seien höchstwahrscheinlich mit ähnlichen Arten der Kreidezeit verwandt gewesen, die bis zu 4,5 Meter lang werden konnten. Der Fund von solch jungen versteinerten Schildkröten könne helfen, das Wachstum solcher Riesenexemplare nachzuvollziehen.

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Kolumbianischer Priester hielt die Fossilien fälschlicherweise für Pflanzen

Von den 1950ern bis in die 1970er sammelte der kolumbianische Priester Padre Gustavo Huertas Steine und Fossilien nahe der Stadt Villa de Leyva in Kolumbien. Er war es, der die runden Steine mit dem Pflanzenmuster als die Pflanze Sphenophyllum colombianum klassifizierte. Die Autoren der Studie waren gegenüber dieser Einschätzung misstrauisch geworden, weil Sphenophyllum colombianum bereits 100 Millionen Jahre vor der geschätzten Datierung ausgestorben war.

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