Erfurt/Jena. Immer wieder werden Ortsschilder in Thüringen gestohlen - besonders häufig, wenn Gemeindefusionen anstehen. Doch auch fehlgeleitete Fankultur sorgt mitunter für Ärger.

Gestohlen, beschmiert oder zerstört: Vandalismus an Ortsschildern ist für Thüringer Kommunen und Behörden ein ständiges Ärgernis. „Das Entwenden von Ortstafeln an bestimmten Stellen ist leider ein wiederkehrendes Problem“, erklärt Anna Schiller, Leiterin des Präsidialbüros im Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr (TLBV). 2023 seien an Bundes- und Landesstraßen, dem Zuständigkeitsbereich des Amtes, 30 Ortsschilder gestohlen worden. Die Kosten für die Wiederbeschaffung hätten insgesamt bei etwa 7500 Euro gelegen. Grundsätzlich seien vor allem Ortschaften mit ungewöhnlichen Namen bei Schilderdieben beliebt. Aber auch bei Gemeindefusionen steige die Zahl der Diebstähle oft erkennbar an.

„Es handelt sich um ein ständiges Problem“, fasst Tobias John vom Landkreis Eichfeld zusammen. Allein in diesem Jahr seien in fünf Ortschaften im Kreis die Ortsschilder verschwunden. Doch auch Straßenschilder, Leitpfosten oder ähnliche Gegenstände würden immer wieder entwendet – oftmals im Zusammenhang mit großen Veranstaltungen. Auch im Kreis Greiz wurden 2023 einer Sprecherin zufolge fünf Ortsschilder gestohlen. Besonders betroffen: Lederhose. Dort musste das Ortsschild gleich zweimal innerhalb eines Jahres ersetzt werden – was die Einschätzung des Landesamts zu den ungewöhnlichen Ortsnamen unterstreicht.

Schilder als Erinnerungsstücke bei Gemeindefusionen

Im Wartburgkreis wurden im Jahresverlauf vier Ortsschilder gestohlen, zwei davon in Behringen. Fast alle befragten Kommunen sehen einen Zusammenhang mit Gemeindefusionen, vermutlich seien viele Diebe Sammler. Etwas teurer, aber deutlich legaler waren die Erinnerungsstücke in Bickenriede (Kreis Eichsfeld) zu bekommen: Dort waren die wegen der Neugliederung ausgemusterten Ortsschilder Anfang 2023 für einen guten Zweck versteigert worden.

Auch die beiden größten Städte im Freistaat kennen das Problem: So wurden einer Sprecherin zufolge in Jena in diesem Jahr vier Ortsschilder geklaut, im Schnitt seien es drei in jedem Jahr. Besonders ärgerlich sei es, wenn zu den rund 200 Euro für das Schild und den Montagekosten auch noch jene Kosten für beschädigte Pfosten und Halterungen hinzukomme. Spitzenreiter ist Erfurt: In den Jahren 2022 und 2023 seien insgesamt 18 Ortsschilder gestohlen worden, davon allein sechs Schilder mit dem Namen der Landeshauptstadt, andere mit Namen von Vororten, hieß es.

Diebstahl von Ortsschildern kann ernste Konsequenzen haben

Das TLBV und die Kommunen verweisen darauf, dass Schilderdiebstahl ein ernstzunehmendes Delikt sei und entsprechend verfolgt werde. Vor allem für Autofahrer seien die Schilder ein Hinweis auf die in geschlossenen Ortschaften geltenden Vorschriften, wie das Tempolimit von 50 Stundenkilometern. Daher würden solche Fälle in der Regel als „gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr“ zur Anzeige gebracht.

Ohne Fremdeinwirkung haben Ortsschilder eine Lebensdauer von maximal 20 Jahren. Diese sei aber stark von den jeweiligen Wetterbedingungen abhängig: So müssten etwa Schilder, die nach Süden ausgerichtet seien, oft bereits nach 10 Jahren ausgetauscht werden, so TLBV-Sprecherin Schiller. Neue Schilder kosten um die 200 Euro, zuzüglich Montage und Materialkosten.

Vandalismus als noch größeres Problem

Um unnötige Ausgaben für die Gemeindekasse zu verursachen, muss es jedoch gar nicht immer zu einem Diebstahl kommen. „Aus Sicht des TLBV stellt die Beklebung von Ortstafeln – zum Beispiel mit Vereinsstickern – ein größeres Problem dar als der Schilderklau“, so Schiller. Weil sich die Aufkleber in der Regel nicht ohne Beschädigungen entfernen ließen, müssten in vielen Fällen die Schilder komplett ausgetauscht werden.

Doch auch ohne Ersatz entstünden aufgrund der anfallenden Arbeitszeit unnötige Kosten, bestätigen auch die Stadt Jena und der Kreis Eichsfeld. Aktuell stelle diese Form von Vandalismus ein großes Problem dar. In Erfurt hingegen sei die Größe der Stadt ein Grund dafür, warum Beklebungen keine große Rolle spielten: „Die meisten Ortstafeln sind fußläufig schwer zu erreichen“, so eine Sprecherin.