Erfurt/Berlin. In Thüringen ist der Bevölkerungsrückgang drastischer als in anderen Bundesländern. Besonders der Osten des Freistaates ist betroffen. Ein Landkreis wird bald der älteste in ganz Deutschland sein.

Thüringen gehört nach einer Prognose in den nächsten Jahren zu den Bundesländern mit dem stärksten Bevölkerungsschwund. Die Zahl der Einwohner im Freistaat werde zwischen 2020 und 2040 um 230.000 sinken - ein Rückgang von 10,9 Prozent auf 1,89 Millionen. Das geht aus dem neuen „Wegweiser Kommunen“ der Bertelsmann Stiftung mit einer Bevölkerungsvorausberechnung hervor.

„Der Trend ist also erheblich negativer als auf Bundesebene mit plus 0,6 Prozent. Damit ist in Thüringen nach Sachsen-Anhalt der höchste relative Bevölkerungsrückgang unter allen Bundesländern zu erwarten“, heißt es in der Studie.

Regionen und Städte unterschiedlich betroffen

Die einzelnen Regionen und Städte in Thüringen seien unterschiedlich betroffen. Als relativ stabil wird die Entwicklung in den kreisfreien Städten Erfurt, Jena und Weimar eingeschätzt. Es gebe einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Größe der Kommunen und der Einwohnerentwicklung - Verlierer seien die kleinen Kommunen mit 20.000 Einwohnern und weniger.

Überdurchschnittlich hohe Bevölkerungsrückgänge mit mehr als 15 Prozent seien dagegen in sechs Landkreisen und der kreisfreien Stadt Suhl zu erwarten. Nach der Prognose verliert das Altenburger Land in diesem Zeitraum 17,4 Prozent seiner Einwohner, der Kreis Greiz 19,5 Prozent, der Kyffhäuserkreis 15,5 Prozent, der Saale-Orla-Kreis 15,6 Prozent, der Saale-Holzland-Kreis 16,2 Prozent und der Kreis Saalfeld-Rudolstadt 18,1 Prozent. Die Stadt Suhl soll danach um 17,1 Prozent auf 30.200 Einwohner schrumpfen.

Zudem wird in den nächsten beiden Jahrzehnten die Zahl der Mädchen und Jungen im Kindergarten- und Schulalter sinken - und zwar zwischen 23 und knapp 9 Prozent.

Wie groß die Unterschiede bei der Altersstruktur in der Bevölkerung sind, zeigt das sogenannte Medianalter. Dieser Wert teilt die Bevölkerung in eine jüngere und eine ältere Hälfte ein. Bundesweit steigt das Medianalter bis 2040 um 1,2 Jahre auf 47,1. Die Spanne zwischen den Bundesländern liegt bei fast 10 Jahren.

In Hamburg und Berlin liegt der Wert in 16 Jahren bei etwa 43 Jahren. In Thüringen liegt das Medianalter dann zwischen 52 und 53 Jahren. Auf Kreisebene sind die Unterschiede noch größer. Der älteste Landkreis in Deutschland wird demnach Greiz mit 57,3 Jahren sein, der jüngste der Stadtkreis Heidelberg (Baden-Württemberg) mit 38,8.

Zahl der Erwerbsfähigen sinkt deutlich

Bei den Menschen im erwerbsfähigen Alter zwischen 25 und 64 Jahren liegt der Rückgang danach bei gut einem Fünftel - bei großen regionalen Unterschieden. „Bei den jüngeren Erwachsenen gibt es einen leichten Zuwachs und die Zahl der ab 80-Jährigen steigt sehr deutlich an“, heißt es in der Studie, die die Stiftung für alle Bundesländer vorgelegt hat. Der Anteil der mindestens 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung im Freistaat stiege von derzeit jedem vierten Einwohner auf jeden dritten - das sei deutlich mehr als im bundesweiten Mittelwert.

Die familien- und seniorenpolitische Sprecherin der Linke-Landtagsfraktion, Cordula Eger, geht davon aus, dass sich Thüringen stärker auf die Bedürfnisse und Belange von älteren Menschen einstellen muss. Das gelte für Infrastruktur, Gesundheitswesen sowie kulturelle und soziale Angebote. Sie verwies auf das bundesweit bisher einmalige Thüringer Programm gegen Alterseinsamkeit „Agathe - älter werden in Gemeinschaft“. Das Programm sei überprüft worden, am kommenden Montag würden Ergebnisse vorgelegt. „Die Weiterentwicklung von Agathe und der flächendeckende Ausbau der Angebote ist für uns ein wichtiges Anliegen“, erklärte Eger.

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