Berlin. Eine neue Studie alarmiert: Im Ostseeboden befindet sich demnach giftiges Metall. Was der Fund für Mensch und Natur bedeutet.

Deutschlands Küsten sind für viele Menschen hierzulande ein Sehnsuchtsort. Doch sie haben auch eine düstere Seite. Denn die Meere sind in einem miserablen Zustand. Insbesondere die Ostsee ist seit Jahren immer wieder in den Medien Thema – Überfischung und Vermüllung sind unter anderem die Stichworte. Nun bereitet eine weitere Studie sorgen:

In den Tiefen der Ostsee haben Forschende der renommierten Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI) aus Massachusetts, USA, einen besorgniserregenden Befund gemacht: eine erhöhte Konzentration von Thallium im Meeresboden. Dieses chemische Element, ein Schwermetall, ist für Mensch und Tier äußerst giftig bis hin zu tödlich.

Die Studie wurde im Fachjournal „Environmental Science & Technology“ veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen eine Konzentration von 2,5 Mikrogramm Thallium pro Gramm Sediment. „Soweit mir bekannt ist, handelt es sich um das geografisch größte Gebiet, in dem jemals eine Thallium-Kontamination dokumentiert wurde“, verkündete Mitautor Sune Nielsen in einer Pressemitteilung.

Auch spannend: Ostsee: Größe, Temperatur – Alle Infos zum „Baltischen Meer“

Thallium in der Ostsee: Ursachen der hohen Konzentration

Was bedeutet das? Obwohl Thallium nicht häufig vorkommt, findet es sich in vielen Gesteinen und kann durch verschiedene menschliche Aktivitäten in die Umwelt gelangen. In der Ostsee wurde es laut Forschenden hauptsächlich durch 80 Jahre industrieller Abwässer eingetragen und hat sich in etwa 14 Zentimetern Tiefe im Meeresboden abgelagert, wo es bislang als unbedenklich galt.

Die Forschenden entnahmen Proben mit einer Rosette, die in einem tiefen Becken der Ostsee ausgesetzt wird.
Die Forschenden entnahmen Proben mit einer Rosette, die in einem tiefen Becken der Ostsee ausgesetzt wird. © Woods Hole Oceanographic Institution | Colleen Hansel

Die Situation habe sich jedoch durch die Bemühungen der Anrainerstaaten verschärft. Länder wie Deutschland oder Dänemark versuchen nämlich aktuell den Sauerstoffmangel in der Ostsee zu bekämpfen. Die künstliche Sauerstoffzufuhr, die zur Bewältigung des massiven Sauerstoffmangels eingesetzt wird, könnte Thallium aus dem Boden freisetzen, heißt es in der Studie. Dies berge die Gefahr einer weitreichenden Verschmutzung der Ostsee und einer Anreicherung des giftigen Metalls in der Nahrungskette, insbesondere in Fischen.

„Der Mensch bringt eine Menge Thallium in die Ostsee ein, und das sollte ihnen bewusst gemacht werden. Wenn das so weitergeht - dann könnte sich mehr Thallium ansammeln. Das wäre wegen seiner Toxizität besorgniserregend“, teilt Chadlin Ostrander, Hauptautor des Artikels, in einer Pressemitteilung mit.

Thallium in der Ostsee: Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt

Thallium ist bekannt für seine toxischen Eigenschaften, die schwere gesundheitliche Folgen verursachen können. Dazu zählen laut Bundesamt für Risikobewertung: Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen sowie schwere Störungen des peripheren und zentralen Nervensystems bis hin zu Koma und Tod.

Das Amt empfiehlt daher die tägliche Thallium-Aufnahme auf nicht mehr als 10 Mikrogramm zu begrenzen. Die meisten Menschen nehmen zwischen 2 und 5 Mikrogramm Thallium über ihre Nahrung auf, wobei bestimmte Quellen wie Mineralwasser oder Gemüsesorten höhere Konzentrationen enthalten können.

Maßnahmen zur Bewältigung

Wie kann der Ostsee jetzt geholfen werden? Expertinnen und Experten schlagen vor, den Fischfang in der Ostsee zu reduzieren und Maßnahmen zur Verringerung von Nährstoffeinträgen zu ergreifen, um die Situation zu bewältigen. Einige Organisationen raten bereits dazu, auf Fisch aus der Ostsee zu verzichten, um das Risiko einer Thallium-Exposition zu minimieren.

Die Forschungsergebnisse seien ein Weckruf für die Dringlichkeit von Maßnahmen zum Schutz der Ostsee vor weiterer Verschmutzung durch Thallium. Die Forschenden betonen die Notwendigkeit, die menschlichen Aktivitäten in der Region zu überdenken und nachhaltige Lösungen zu finden, um die Gesundheit des Meeres und seiner Bewohner zu erhalten.