Washington/Miami. Ex-Präsident Trump wird der Prozess gemacht. In Miami demonstrierten Fans und Gegner des Republikaners. So verlief die Anklageerhebung.

Keine Fotos, keine Video-Aufnahmen, keine Smartphones und Laptops im Gerichtssaal. Bevor sich Donald Trump am Dienstag Nachmittag im 13. Stock des abgeriegelten Wilkie D. Ferguson U.S. Courthouse in Miami einer historisch beispiellosen Anklage stellte, verpasste Magistrats-Richter Jonathan Goodman dem riesigen öffentlichen Interesse am jüngsten juristischen Großkonflikt des ehemaligen US-Präsidenten eine eiskalte Dusche. Medienvertreter durften nicht in Echtzeit berichten.

Wie Trump, der am Mittwoch 77 Jahre alt wird, auf die von Sonder-Ermittler Jack Smith erhobenen Anschuldigungen wegen illegaler und grob fahrlässiger Handhabung hoch geheimer Regierungsdokumenten reagierte, kam erst mit einiger Zeitverzögerung ans Licht. Kurzfassung: Er ertrug es regungslos. Lesen Sie dazu: „Politischer Auftragskiller“: Vor diesem Mann zittert Trump

Trump: Seine Ehefrau blieb dem Gerichtsspektakel fern

Trump blieb für mehrere Hundert Fans und Gegner, die sich vor dem Gericht in zirkusartiger Atmosphäre hitzige Wortgefechte lieferten, weitgehend unsichtbar. Medien-Helikopter verfolgten seine Anreise in einem Sicherheits-Auto-Konvoi, der schließlich in einer Tiefgarage unter dem Gericht endete. Bereits gegen 14 Uhr war Trump kurzzeitig festgenommen und strafprozesslich behandelt (Fingerabdrücke etc.) worden. Auch interessant: Brisante Aufnahme: Ex-Präsident Trump verplappert sich

Erwartungsgemäß plädierte Trump, der im Gerichtssaal nicht zur Sache aussagte, durch seinen Top-Anwalt Todd Blanche auf „nicht schuldig”. Ex-First Lady Melania Trump war nach Medienberichten nicht an seiner Seite.

Sorge vor Unruhen war groß

Trump werden massive Vergehen gegen das über 100 Jahre alte Anti-Spionage-Gesetz vorgehalten. Sowie Verschwörung und Behinderung der Justiz. Das gilt auch für seinen mitangeklagten Assistenten Walt Nauta. Er war es, der zig Boxen voll mit sensiblen Verschlusssachen, die ins National-Archiv gehört hätten, auf Anweisung Trumps in dessen Privat-Domizil Mar-a-Lago hin und her schob und darüber die Ermittler anfangs belog.

Obwohl ihrem Idol der Prozess gemacht wird, halten die Trump-Anhänger zum abgewählten US-Präsidenten. Der Prozess gegen ihn wird von Protesten begleitet.
Obwohl ihrem Idol der Prozess gemacht wird, halten die Trump-Anhänger zum abgewählten US-Präsidenten. Der Prozess gegen ihn wird von Protesten begleitet. © dpa

Weil Trump und ihm treu ergebene Republikaner zuletzt auffallend militante und nach Vergeltung klingende Töne angestimmt hatten, war die Sorge vor Unruhen groß. Miamis Polizeichef Manny Morales ließ die Sicherheitsvorkehrungen hochfahren. Am Ende blieb die Zahl der Demonstranten meilenweit unter den erwarteten 50 000. Von gewalttätigen Zusammenstößen oder Aktionen war bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe keine Rede.

Ankläger will den Fall schnell abschließen

Am Abend ging Trump in seinem Golf-Domizil Bedminster bei New York vor die Kameras und legte seine (bekannte) Sicht der Dinge dar. Sinngemäßer Tenor: „Ich bin unschuldig. Die Demokraten wollen mich vor der Wahl 2024 aus dem Verkehr ziehen.” Lesen Sie auch: Donald Trump in 37 Punkten angeklagt: Was ihm jetzt droht

Vor dem Heimflug hatte er in Miami auf dem Weg zum Flughafen noch kurz in „Little Havana" Station gemacht. Kurzerhand hat er im berühmten Exilkubaner-Treff "Cafe Versailles" eine Runde geschmissen – die Gäste gratulierten ihm vorab zum 77. Geburtstag. Die Botschaft war klar: So schnell lässt sich Trump nicht aus der Ruhe briingen. Die Nervenstärke wird er auch brauchen.

Denn: Mit der Anklageverlesung, die im Falle einer Verurteilung jahrelange Gefängnisstrafen bedeuten kann, beginnt eine juristische Odyssee mit offenem Ausgang. Sonder-Ankläger Jack Smith möchte den Fall bis Ende 2023 abschließen, um nicht in die Nähe der im Februar beginnenden Vorwahlen für die Präsidentschaftskandidatur 2024 zu geraten. Trump ist hier mit weitem Abstand Favorit der Republikaner.

Trumps Anwälte das Verfahren verzögern

Trumps Anwaltsteam wird nach Überzeugung von Rechts-Experten hingegen jede Möglichkeit nutzen, das Verfahren zu verzögern und das Vorgehen der Staatsanwaltschaft als übergriffig darzustellen. Tim Parlatore, ein Verteidiger, der bis vor Kurzem Trump vertreten hat, glaubt, dass der Prozess nicht vor Herbst 2024 beginnen könne. Was unmittelbar vor den Präsidentschaftswahlen wäre und der amtierenden Regierung als versuchte Wahlbeeinflussung ausgelegt würde. Im Falle einer Verurteilung würde Team Trump bis zum Obersten Gericht gehen. Bis zur Rechtskräftigkeit eines Urteils könnten Jahre vergehen. Das könnte Sie auch interessieren: Nach Missbrauchs-Urteil: Carroll verklagt Trump noch mal

trump hat nach der gerichtsverhandlung auf dem weg zum flughafen kurz in "little havana"
station gemacht und im berühmten exil-kubaner-treff "cafe versailles" eine runde geschmissen. die gäste gratulierten ihm vorab zum 77. geburtstag.