Nach fünfjähriger parlamentarischer Abwesenheit haben die Freidemokraten mit 5,0 Prozent den Sprung in den Landtag geschafft.

Die erlösende Nachricht erreichte Thüringens FDP-Chef Thomas Kemmerich am späten Vormittag per Whatsapp. Landesgeschäftsführer Tim Wagner, der bei der Sitzung des Landeswahlausschusses vor Ort war, schickte mehrere Nachrichten. Zum Schluss stand fest: Mit gerade einmal 73 Stimmen hat die Partei die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen. Das bislang knappste Ergebnis hatte die FDP 2001 in Hamburg erzielt mit 680 Stimmen mehr als nötig.

Noch am Morgen war Kemmerich, der künftig die Fraktion führen wird, vor sechs Uhr wach geworden, weil die Anspannung an den Nerven zerrte. „Noch nie war eine Wahlnacht länger“, beschrieb der Freidemokrat gestern seinen Gefühlszustand zwischen Hoffen und Bangen. „Jetzt ist die Erleichterung groß.“

Das zunächst vorläufige Resultat der FDP, das lediglich fünf Stimmen mehr ergeben hatte, wurde um 68 Stimmen nach oben korrigiert. Eine leichte Abweichung ergab sich auch bei der CDU, die nach dem amtlichen Endergebnis 21,7 statt 21,8 Prozent einfuhr.

Mit 31,0 Prozent hat die Linke um Ministerpräsident Bodo Ramelow die Landtagswahl gewonnen, wie der Landeswahlausschuss einstimmig feststellte. Die AfD kam auf 23,4 Prozent und landete auf Platz zwei. Die Sozialdemokraten holten 8,2 Prozent, die Grünen 5,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 64,9 Prozent und damit deutlich höher als vor fünf Jahren mit 52,7 Prozent.

Landeswahlleiter Günter Krombholz ging auch einer angeblichen Wahlfälschung nach. Dazu waren bei ihm sechs E-Mails eingegangen. „In den E-Mails wurde behauptet, dass bei der Auszählung Stimmen zugunsten der FDP gewertet worden sind, die eigentlich anderen Parteien zugestanden hätten“, sagte Krombholz. An den Vorwürfen sei aber „nichts dran“. Es habe sich um „Fake-E-Mails“ gehandelt.

Die Regierungsbildung in Thüringen bleibt indes schwierig. Linke, SPD und Grüne, die ihre Mehrheit verloren haben, liebäugeln deshalb mit der FDP. Und Staatskanzleiminister Benjamin Hoff (Linke) startete gleich eine Charmeoffensive: „Ein gutes Pferd springt knapp, dachte sich wohl der Cowboy Kemmerich. Auf gute Zusammenarbeit zum Wohle des Freistaates“, twitterte er augenzwinkernd und stellte ein Foto des stets Cowboystiefel tragenden FDP-Mannes dazu.

„Jetzt heißt es miteinander reden und neue Wege ausloten“, so Grünen-Spitzenkandidatin und Umweltministerin Anja Siegesmund. Ihre Landtagsfraktion stehe bereit.

Kemmerich sieht die Avancen gelassen und kündigte an, sich zunächst mit CDU-Chef Mike Mohring treffen zu wollen.

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Leitartikel: Mohrings toter Gaul

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