Dresden. Björn Höcke spricht bei der 200. Pegida-Kundgebung in Dresden. Nicht überall in seiner Partei wird das begrüßt.

Fünf Jahre existiert „Pegida“. 200 Mal sind Menschen in Dresden auf die Straße gegangen. Thüringen bestimmt die Jubiläumskundgebung derer, die sich selbst als die konservative Mitte der Gesellschaft sehen. Tausende dieser Frauen und Männer stehen am Montagabend auf dem Dresdner Neumarkt. Sie alle warten nur auf einen: Björn Höcke. Der AfD-Politiker aus Thüringen redet zum zweiten Mal in Dresden – bei Pegida. Nicht überall in seiner Partei wird das begrüßt. Zu radikal sind selbst manchen AfDlern die Parolen, die Lutz Bachmann und Siegfried Däbritz von der kleinen Bühne unterhalb der Frauenkirche brüllen und ihre Anhänger damit jubeln lassen.

Lutz Bachmann bezeichnet die Regierenden in Sachsen beispielsweise als „eine Sekte von Bonzen welche dem Volk das Geld aus der Tasche zieht“. Er propagiert, dass Pegida auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen würde, um direkt danach gegen die „Lügenpresse“ oder die „Linksfaschisten“ zu hetzen. Mit denen würden sich gerade in Thüringen Vertreter der CDU treffen, um einen Deal „für die Wahl von diesem Ramelow“ zu vereinbaren.

Auf dem Platz dreht sich viel um den 5. Februar 2020

Während er das sagt, sickern über die Ticker erste Meldungen durch, dass möglicherweise nicht Ramelow sondern Ex-CDU-Ministerpräsidentin Lieberknecht eine Übergangsregierung führen solle. Bis auf den Platz schafft es diese Meldung nicht. Dort aber dreht sich dennoch viel um den 5. Februar 2020. Denn mit Björn Höcke redet der AfD-Fraktionschef im Thüringer Landtag. Er führt jene Fraktion, die ihren Kandidaten im dritten Wahlgang zwar aufgestellt hat, dann aber doch FDP-Mann Thomas Kemmerich wählte.

Ein politisches Erdbeben nach dem anderen erschüttert seither das Land. Kemmerich trat einen Tag später zurück, „um den Makel“, dass Stimmen der AfD für seine Wahl ausschlaggebend gewesen seien, „vom Amt des Ministerpräsidenten“ zu nehmen.

Politische Gegner sieht Höcke bei denen, die Thüringen nicht mehr regieren

Höcke bedauert vor den Pegida-Anhängern – einige schwenken unbeirrt Wirmer-Flaggen und solche mit „Eisernem Kreuz“ oder jene, auf denen „Refugees not welcome“ steht -, dass Kemmerich zurückgetreten sei und sich selbst als „Anti-Höckist“ bezeichnet habe. Er spricht von einer demokratischen Wahl, vergisst aber dabei zu erwähnen, dass es die AfD war, die ihrem Kandidaten keine einzige Stimme gegeben hatte. Seine politischen Gegner sieht Höcke vor allem bei denen, die Thüringen nicht mehr regieren. So hatte der ehemalige Staatskanzleichef Benjamin Imanuel Hoff (Linke) Kemmerich nach der Wahl geschrieben, dass dieser Ministerpräsident von Gnaden jener sei, die Millionen Tote zu verantworten hätten. Höcke nennt das auf dem Neumarkt „hemmungslos, irre, völlig verrückt“.

Der Thüringer AfD-Rechsaußen, der aus der Gegendemo heraus mehrfach „Faschist“ gerufen wird, was er sich nach einem Gerichtsbeschluss gefallen lassen muss, wird in Dresden gefeiert. Nicht so frenetisch, wie man annehmen mochte. Pegida existiert nunmehr seit fünf Jahren und verweist auf etliche Abnutzungserscheinungen. Denn zum Jubiläum schaffte es das ausländerfeindliche Bündnis wieder einmal, stärker zu mobilisieren, als in den vergangenen Monaten.

Diesmal sind auch viele Thüringer darunter. Der AfD-Kreisverband Eichsfeld-Nordhausen-Mühlhausen, dem Höcke angehört, hat einen eigenen Bus gechartert. So profitiert Pegida auch diesmal von der Anziehungskraft, die Björn Höcke auf rechte bis rechtsextreme Kreise durchaus ausübt, wird aber von der deutlich lauteren Gegendemo mehrfach klar übertönt.