Erfurt. Es ist der längste und größte seiner Art in Deutschland – der 21. Rennsteig-Staffellauf. Auch Marcel Ernst aus Tambach-Dietharz ist diesen Samstag dabei – und seine Mutter Beate.

Man kann als Sonntagsläufer auch am Sonnabend starten. So wie es die gleichnamige Laufgruppe aus Tambach-Dietharz morgen zum vierten Mal tut. Sie ist eine von 228 Staffeln, die beim 21. Rennsteig-Staffellauf, dem längsten und größten seiner Art in Deutschland an den Start gehen.

Ins Leben gerufen hat die Laufgruppe vor neun Jahren mit Marcel Ernst ein inzwischen ambitionierter Ultraläufer. Und er hat mit seiner Lauflust die ganze Familie angesteckt, seiner Spur folgen seitdem Schwester Anna-Maria und Mutter Beate.

Die erlebt mit 54 gerade einen zweiten sportlichen Frühling. In bestechender Form sammelt sie Siegerpokale. Meist läuft sie nicht nur in ihrer Altersklasse auf den ersten Platz, sondern gleich in der Gesamtwertung der Frauen. Beim 3-Türme-Lauf in Bad Langensalza etwa, beim Thüringer Frauenlauf in Erfurt oder beim Pfingstlauf in Haina. Am vergangenen Sonntag beim Kirschlauf muss sie nur Seriensiegerin Marie Brückner den Vortritt lassen. Hinterher stehen an der Fahner Mühle ein paar Konkurrentinnen vor dem Ergebnisaushang, sehen die Zeit und rätseln anerkennend: Wie macht sie das nur?

Beate Ernst muss lächeln. Ein Geheimrezept gibt es natürlich nicht. Die einfache Lösung: Sie trainiert seit Anfang des Jahres mehr, kommt jetzt kontinuierlich auf 50 Wochenkilometer und bestätigt damit die alte Läuferweisheit, wonach die effektivste Trainingseinheit der zusätzliche Lauf ist.

Ihr Ziel: unter 15 Stunden bleiben

Meist trainiert sie allein, wenn es sein muss jetzt im Sommer auch schon mal nachts um drei. Ansonsten hat die Tambach-Dietharzerin nur zwei feste Termine in ihrem Trainingsplan stehen. Montags geht sie zum Athletiktraining der Friedrichrodaer Triathleten, mittwochs zum dortigen Lauftreff.

Im Februar ist sie im Schacht von Merkers ihren ersten Marathon gelaufen, Sohn Marcel hat ihr den Startplatz zum Geburtstag geschenkt. Das Heikelste, lacht sie, sei für sie die Fahrt im Förderkorb hinab gewesen. Auf dem Rennsteig hat sie sich dann im Mai an das Abenteuer Supermarathon gewagt. Auf Anhieb blieb sie unter acht Stunden. Nun will sie in vierzehn Tagen beim Thüringen-Ultra in Fröttstädt erstmals die 100-Kilometer-Einzeldistanz schaffen. Aber am liebsten sind ihr die 10-km-Volksläufe mitten in der Natur.

Samstag auf dem Rennsteig möchte Beate Ernst mit ihren Sonntagsläufern wieder unter 15 Stunden bleiben, im vergangenen Jahr haben die Tambach-Dietharzer das zum ersten Mal geschafft. Auch wenn die neue Laufrichtung – erstmals geht es von West nach Ost, von Hörschel nach Blankenstein – das allgegenwärtige Risiko des Verlaufens erhöht. Beate Ernst sieht dem Richtungswechsel deshalb mit etwas Bauchgrummeln entgegen. Dabei ist sie am Schluss zwischen Grumbach und Blankenstein auf ihrer angestammten Etappe unterwegs ist – aber eben in die andere Richtung.

Sie wird den Staffelstab von Marcel übernehmen. Der Sohn ist als Filialleiter eines Lebensmittelmarktes in Kieselbach bei Bad Salzungen am Vormittag noch gefordert und läuft deshalb am frühen Abend die vorletzte Etappe. Eigentlich sollte Anna-Maria das familiäre Trio komplettieren, doch die 28-Jährige hat sich den Zeh gebrochen.

Trotzdem werden die Sonntagsläufer wohl auch an diesem Sonnabend ihr Ziel erreichen. Mit viel Spaß. Und doppeltem Ernst. Nur eines wird der schnellen Tambach-Dietharzerin im Ziel fehlen, wie sie zugibt: Der Sprung in die Werra.