Bad Langensalza. Jennifer Rode bringt sich mit ganzer Kraft fürs Team ein und steckt dafür selber zurück. Das THC-Trikot hängt die Handballerin nun an den Nagel. Der Körper signalisiert, dass es Zeit ist. Eine Aufgabe aber bleibt.

Stufen waren vorm Hotel in Graz, Fahrräder sind angeschlossen gewesen, wo der Weg für Rollstühle frei sein sollte. Jennifer Rode fiel das während des Final Four der European League vor einem Jahr sofort auf. Sie geht mit wachen Augen durch die Welt. Im Blick hat sie oft Menschen mit Beeinträchtigung, für die sie sich mehr Barrierefreiheit und Teilhabe wünschte. Für den Moment denkt die THC-Handballerin an sich.

Das Heimspiel am Samstag gegen den TuS Metzingen (19 Uhr) wird das letzte für die 28-jährige Rückraumspielerin im THC-Trikot sein. Nach zwei Spielzeiten an der Salza zieht die gebürtige Berlinerin einen Schlussstrich unter das Kapitel Handball-Bundesliga. Weil der Körper signalisiert, dass es Zeit dafür wäre.

Spieldichte fordert Tribut

Obwohl der Vertrag noch ein Jahr läuft, habe „JJ“ (Jay Jay), wie sie gerufen wird, darum gebeten, die Karriere zu beenden, erzählte Herbert Müller vorm Saisonfinale in der Salza-Halle. Der THC-Trainer bedauert es sehr, die wurfstarke Linkshänderin gehen lassen zu müssen. Nicht nur sportlich. „Ich hätte sie gern noch zwei Jahre in der Mannschaft gehabt.“

Frankfurt/Oder, Bensheim/Auerbach, Leverkusen, Dortmund; vor zwei Jahren war Jennifer Rode nach dem Meistertitel mit dem BVB zum Thüringer HC gekommen und ist im rechten Rückraum eine Bank gewesen. Selber ist sie dafür oft über die Schmerzgrenze gegangen. Die Nummer 43 packt zu, geht dorthin, wo es wehtut. Zwölf Jahre in der Bundesliga ziehen Blessuren nach sich. Der immer dichtere Takt an Spielen schlaucht von Jahr zu Jahr. Verletzungen nahmen zu. Zuletzt musste sie mehrere Wochen aussetzen, der Rücken machte arg zu schaffen.

Eine Bank im THC-Spiel: Jennifer Rode.
Eine Bank im THC-Spiel: Jennifer Rode. © FUNKE Foto Services | Sascha Fromm

Der Leistung tat das keinen Abbruch, der Einstellung sowieso nicht, weshalb Herbert Müller die frühere Nationalspielerin sehr schätzt. „Sie arbeitet stets am Limit“, hebt er die Eigenschaft hervor, sich trotz aller Blessuren immer in den Dienst der Mannschaft zu stellen.

Handball in den Genen, soziale Ader im Geist

Handball liegt in der Familie Rode. Mutter Sabine spielte aktiv, die jüngeren Schwestern Joanna (26) und Elaine (25) sind es ebenfalls. Und im Wesen scheint der ältesten der Töchter verankert zu sein, sich für andere einzusetzen. Das begleitende Studium der Sonderpädagogik passt zu ihr wie manch harte Linke ins Eck

„Ich finde, es sollte sich im Schulsystem etwas ändern“, sagte Jennifer Rode einmal. Sie wünschte sich inklusive Kitas, inklusive Ferienlager, mehr Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigung und überhaupt mehr Bewusstsein dafür. Menschen ohne Behinderung sollten für Menschen mit Behinderung da sein, meint sie und bezieht auch die wichtige Rolle des Sports ein, inklusive Angebote zu schaffen.

Womöglich wird das ein Tätigkeitsfeld, wenn Handball kein tragendes Element des Tages mehr ist. Zunächst aber steht eine Prüfung aus. Eine, in der im Fall eines Patzers von Bensheim in Leverkusen noch der zweite Platz für die Thüringerinnen erreichbar wäre. Vorausgesetzt, sie schlagen selber den Sechsten Metzingen.

Abschied im Achterpack

Dass nicht nur Jennifer Rode nach ihrem 15-minütigen Wiedereinstand in der Vorwoche alles reinwerfen wird, davon ist Herbert Müller überzeugt. Für die halbe Mannschaft wird es der letzte THC-Auftritt sein. Acht Spielerinnen werden im Anschluss verabschiedet. Sara Rønningen beendet verletzungsbedingt ihre Laufbahn, auch Yuki Tanabe sagt der Handball-Bühne ade. Sonja Frey zieht es in die Heimat Österreich zurück. Nicole Roth (Bietigheim), Annika Lott (Brest), Johanna Stockschläder (Ziel unbekannt) und Vilma Matthijs Holmberg (Chambray Touraine) wechseln.

„Ich möchte für keinen anderen Verein mehr spielen“, sagte Jennifer Rode einmal, auch weil die Zeit beim THC noch einmal eine andere Form von Spaß angenommen hätte. Allein so ein Satz macht sie für den Trainer Müller zu etwas Besonderem. Für ihn steht fest: „Sie ist immer eine von uns.“