Erfurt. Wenn niemand sonst da ist oder den Nachlass will, dann erbt das Land, wenn Menschen sterben. Es geht manchmal um viel Geld und lukrative Grundstücke, aber oft auch um Schulden.

Thüringen hat im vergangenen Jahr einen Millionenbetrag von Menschen geerbt, die keine Angehörigen haben. Insgesamt seien bis Ende November aus den sogenannten Fiskalerbschaften mehr als 3,2 Millionen Euro in die Landeskasse geflossen, teilte das Finanzministerium auf Anfrage in Erfurt mit. Damit fielen die Erbschaften des Landes innerhalb von elf Monaten höher aus, als der Gesamtbetrag in den Jahren 2019 mit rund 2,8 Millionen Euro und 2020 mit rund 2,3 Millionen Euro. 2021 hatte Thüringen sogar fast 4,6 Millionen Euro geerbt.

Dabei handele es sich um Spar- und Kontoguthaben, aber auch Immobilien, Wohnungseinrichtungen, Schmuck, Fahrzeuge und sogar Geschäftsanteile an Unternehmen. Oft gehe es aber auch um überschuldete Nachlässe, die von den eigentlichen Erben ausgeschlagen wurden.

Die Zahl der sogenannten Fiskalerbschaften war in den vergangenen Jahren relativ stabil, geht aus den Zahlen des Ministeriums hervor. Sie bewegte sich zwischen 797 Erbschaften des Landes im Jahr 2019, 782 im Jahr 2021 und 761 per Ende November des vergangenen Jahres.

Die Kehrseite dieser Entwicklung: Die Kosten für das Land stiegen beträchtlich. Müssten für die Verwaltung der Erbschaften und ihre Verwertung vor vier Jahren nur rund 520.000 Euro ausgegeben werden, so waren es im vergangenen Jahr bereits fast 1,5 Millionen Euro und damit nahezu die Hälfte der Einnahmen aus den Fiskalerbschaften per November.

Thüringen erbt überwiegend überschuldete Nachlässe

Wie bei Erbschaften, die an Familienmitglieder gehen, sei oft viel zu regeln: Miet-, Pacht-, Versicherungs- oder Energieverträge müssten gekündigt werden. "Auch wenn auf Grund der relativ hohen Einnahmen im Verhältnis zu den Ausgaben vermutet werden könnte, dass sich die Feststellung als Erbe für den Freistaat lohnen würde, sieht die Wirklichkeit anders aus", erklärte das Finanzministerium.

Thüringen erbe überwiegend überschuldete Nachlässe, die vielfach mit hohem Personal- und Kostenaufwand abgewickelt werden müssten. Es gehe um die Verwaltung und Verwertung von Grundstücken, den Verkauf unter anderem von Fahrzeugen oder die Abwicklung von Firmen.

"Besonders hoch ist in vielen Fällen der Aufwand bei der Verwertung der geerbten Grundstücke, da sich wegen ihrer Überschuldung, ihres baulichen Zustandes und ihres oft jahrelangen Leerstandes oft lange Zeit kein Käufer findet", so das Ministerium. Ende November hatte das Land insgesamt 4388 geerbte Flurstücke in seinem Besitz, die es zu verwalten galt.

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