Berlin. Der Bahn stehen lange Verhandlungen mit der Gewerkschaft EVG bevor: Fünf Tage lang will man sprechen. Folgt danach ein neuer Streik?

Bis zum kommenden Freitag haben sich die Tarifparteien Zeit gegeben. Dann sollen neue Tarifverträge zwischen der Deutschen Bahn (DB) und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) stehen. Ob es dazu kommt, ist angesichts der weit auseinanderliegenden Vorstellungen beider Seiten noch offen.

In den bisherigen fünf Runden ist man sich nicht sehr nahe gekommen. „Am Ende muss ein Kompromiss gefunden werden“, zeigt sich Bahn-Personalvorstand Martin Seiler zuversichtlich. „Wir sind dazu bereit, wenn das Gesamtpaket stimmt“, versichert Kristian Loroch, Verhandlungsführer der EVG.

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Größter Streitpunkt sind Löhne und Gehälter. Die EVG verlangt einen Mindestbetrag von 650 Euro für jeden der rund 180.000 Tarifbeschäftigten bei der Bahn. Das wäre für die unteren Lohngruppen ein Gehaltssprung von deutlich über 20 Prozent.

Das lehnen die Arbeitgeber ab, auch weil die Dienste in diesen Berufen, etwa beim Reinigungs- oder Sicherheitspersonal, nicht mehr wettbewerbsfähig werden. Seiler hatte kürzlich allerdings angedeutet, dass über einen Mindestbetrag diesmal auch geredet werden kann.

Deshalb können sich Bahn und Gewerkschaft nicht einigen

Zweiter Knackpunkt ist die Laufzeit. Die Bahn bietet 24 Monate an, die EVG will nur zwölf Monate, um auf eine weiterhin hohe Inflation auch zeitnah reagieren zu können. Die Arbeitgeber pochen dagegen auf eine längere Planungssicherheit bei den Personalkosten.

Neben den großen Hürden gibt es noch eine Reihe anderer Stolpersteine auf dem Weg zur Einigung. Da stehen zum Beispiel auch Verhandlungen für mehr als ein Dutzend Busgesellschaften der Bahn an. In diesem Geschäft konkurrieren viele andere Firmen mit dem Konzern. Laufen den Arbeitgebern die Kosten davon, befürchten sie Nachteile im Wettbewerb.

Zähe Verhandlungen: Vertreter der Deutschen Bahn (vorne) und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG sitzen am Verhandlungstisch. Die Deutsche Bahn und die EVG verhandeln seit Ende Februar über Tariferhöhungen. Die Annäherung verlief bisher stockend, zweimal kam es zu Warnstreiks auf der Schiene.
Zähe Verhandlungen: Vertreter der Deutschen Bahn (vorne) und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG sitzen am Verhandlungstisch. Die Deutsche Bahn und die EVG verhandeln seit Ende Februar über Tariferhöhungen. Die Annäherung verlief bisher stockend, zweimal kam es zu Warnstreiks auf der Schiene. © dpa | Fabian Sommer

Insgesamt hat die EVG 57 Forderungen auf den Tisch gelegt. Damit nicht genug. Die Bahn selbst wiederum will strukturelle Veränderungen in den Tarifverträgen durchsetzen, zum Beispiel einen flexibleren Einsatz von Lokführern im Güterverkehr. Da am Ende ein Kompromiss in allen Bereichen gefunden und zu einem Gesamtpaket geschnürt werden soll, stehen die Unterhändler vor einer intensiven Arbeitswoche.

Bahner bekommen so oder so mehr Geld

Auf jeden Fall können die Beschäftigten auf deutlich mehr Geld hoffen. Neben einem Inflationsausgleich von 2850 Euro bieten die Arbeitgeber bereits eine nach Einkommen gestaffelte Lohnerhöhung von zwölf Prozent für die unteren Lohngruppen, zehn oder acht Prozent für die besser verdienenden Bahner.

Einigen sich die Tarifparteien nicht, steht wohl wieder ein womöglich sogar unbefristeter Streik ins Haus. Die Verhandlungen könnten dann für gescheitert erklärt und eine Urabstimmung über einen Arbeitskampf eingeleitet werden. Das wäre angesichts der nahenden Sommerferien eine unwillkommene Entwicklung. Die Bahn kämpft angesichts vieler Baustellen und enger Kapazitäten ohnehin schon mit Qualitätsproblemen wie Verspätungen und Zugausfällen.