Erfurt/Schmalkalden. Das Südthüringer Unternehmen Viba wurde angegriffen, weil es den Bundeswirtschaftsminister empfing. Inzwischen scheint sich die Stimmung etwas zu drehen.

Eine Woche ist es her, dass der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das Werk des Nougatherstellers Viba im südthüringischen Seligenthal besuchte. Landwirte und Handwerker, aber auch offenkundig extra angereiste und teils aggressiv auftretende Demonstranten hatten Zufahrtsstraßen blockiert.

Nur mit Mühe konnte die Polizei eine Route freihalten. Journalisten wurden als „Lügenpresse“ beschimpft; als die Limousine des Minister vorbeifuhr, waren „Aufhängen!“-Rufe zu hören.

Doch für viele Mitarbeiter des Unternehmens begann erst jetzt die eigentliche Konfrontation. In den sozialen Netzwerken, aber auch bei direkten Begegnungen wurden sie angepöbelt, gar bedroht. So lässt es sich im Internet nachlesen – und so berichtet es Geschäftsführerin Corinna Wartenberg.

„Das waren schwierige Tage“, sagt sie. „Mitarbeiter kamen zu mir und fragten, ob sie jetzt Angst haben müssen, bei uns beschäftigt zu sein.“ Auch sie selbst habe die Situation mitgenommen. „Wir überlegten, wie wir jetzt weiter machen sollen und ob wir Sicherheitsmaßnahmen ergreifen müssen.“

Solidarität von anderen Unternehmen

Ein Teil des Hasses, sagt Corinna Wartenberg, habe auch sicher damit zu tun, dass sich das Unternehmen an der Initiative „Weltoffenes Thüringen“ beteilige. Doch das Unternehmen stehe dazu – und dies auch aus Eigeninteresse. Ohne Zuwanderung, sagt sie, habe Viva langfristig keine gute Zukunft. Schon jetzt sei fast jede zehnte Stelle im Werk unbesetzt.

Anfang dieser Woche wandte sich die Geschäftsführerin in einem Karriere-Netzwerk an den sogenannten „Thüringer Führungskreis“, einem losen Zusammenschluss von Unternehmern, und bat um Solidarität. „Der Hass, der Viba entgegenschlägt, geht unter die Haut“, schrieb sie. „Die Feindseligkeit trifft alle persönlich.“ Schließlich habe ihre Firma keinen Schwerverbrecher, sondern den Bundeswirtschaftsminister empfangen.

Etliche Unternehmerinnen und Unternehmer versicherten ihre Unterstützung. Dadurch ermutigt, ging Viba auch per Facebook in die Offensive: Es sei eine Chance vertan worden, für den Wirtschaftsstandort zu werben, beklagte das Unternehmen. Stattdessen hätten „Hass und Verrohung“ die Berichte dominiert.

Organisatoren verwahren sich gegen Gewaltaufrufe

„Wir können uns nicht darüber beschweren, dass wir als Wirtschaft oder Bevölkerung zu wenig gehört würden, und dann Gespräche blockieren, schreien und schimpfen“, hieß es in dem Text. „Das darf nicht salonfähig werden. Es gehe darum, „gemeinsam zu gestalten, statt weiter zu spalten“.

Seit dieser Botschaft, sagt Geschäftsführerin Wartenberg, habe sich die Stimmung verändert. Es gab vor allem positive Reaktionen. „Noch nie hatten wir so eine Reichweite im Netz“, sagt sie. „Da haben wir wohl einen Nerv getroffen“.

Auch die Organisatoren der Demonstration haben sich inzwischen bei dem Unternehmen gemeldet. Sie fühlen sich missverstanden. Mit jenen, die zur Gewalt aufriefen, habe man ebenso wenig zu tun wie mit der Hetze im Netz. Im Gegenteil, man distanziere sich davon.

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